Viel Wind um „kress“

Der Branchendienst macht mehr durch Querelen an der Spitze, denn durch knallharte, aktuelle und brisante Mediennews auf sich aufmerksam

Also doch alles nur Gefasel: Thomas Wengenroth bleibt Geschäftsführer, alleiniger Inhaber und so auch quasi Chefredakteur des Branchendienstes kress report. Spekulationen, nach denen die durch die unmittelbar aufeinander folgenden Abgänge der redaktionellen Doppelspitze Peter Turi und Josef Seitz durchgerüttelte „Intensiv-Information für Medien und Kommunikation in Deutschland“ doch einen neuen ersten Mann an die Spitze der rund 15-köpfigen Redaktion bekäme, gab es reichlich. Auch Christoph Fasel, derzeit Chefredakteur der deutschen Ausgabe von Reader’s Digest – Das Beste war zwischenzeitlich im Gespräch. Immerhin, für ihn wäre der Wechsel nicht ganz so weit gegangen: Das Beste sitzt in Stuttgart. kress report in Heidelberg.

Genau das hat sich bei der Nachfolgersuche für den mehrfach als oberster Medienjournalist der Nation ausgezeichneten Turi wohl auch als Hemmschuh erwiesen: Anders als der Branchenkonkurrenz von Horizont (Frankfurt), New Business (Hamburg) bis Kontakter (München) fehlt kress die Anbindung an einen der großen Finanz- oder Medienstandorte.

Doch das ist höchstens ein Nebenaspekt der derzeitigen Stimmungsflaute trotz steigender Auflage: „Die Konkurrenz ist größer geworden, vor allem die Tageszeitungen haben ihre Medienberichterstattung deutlich ausgebaut“, sagt Wengenroth, der im letzten Impressum nur als „Geschäftsführer & Anzeigenleiter“ firmiert, und verweist auf die jüngsten Personalzugänge: Als weitererVize-Chefredakteur neben Eckhard Müller verstärkt der ehemalige Maxler José Redondo-Vega ab sofort das kress-Team. Doch die personelle Fluktuation der letzten Monate war dem „Intensivdienst“ anzumerken: Exklusivität, früher ein Markenzeichen des kress, ist derzeit dünn gesäht und beschränkt sich oft auf Branchendetails. Zudem macht sich der gedruckte Dienst mit einer täglich aktualisierten, kostenlosen Online-Ausgabe Konkurrenz. „Diese Selbstkannibalisierung ist gewollt“, sagt Wengenroth, man habe hier schließlich unter der eigenen Marke nachgelegt. Doch gerade das umfangreiche Online-Angebot trägt zum Eindruck des manchmal doch eher Beliebigen bei.

Der „bourgeoise Charme der Diskretion“ (Phillipp Maußhardt 1995 in der taz über kress), der den Nimbus des Dienstes unter seinem Gründer Günther Kress ausmachte, ist verflogen.

Dennoch: Der kress report ist auf Erfolgskurs, zumindest wirtschaftlich. Und auch dem Übervater wird’s beim Blick in die Zukunft nicht Bange: „Turi ist ein guter Mann, doch seit eineinhalb Jahren gab es einfach zu viel Fluktuation im Laden“, sagt Günther Kress heute. „Ich bedauere nicht, den kress report abgegeben zu haben, so wie ich ihn machte, hätte er heute nicht mehr in die Zeit gepasst.“ Und etwas trägt er bis heute dazu bei: Er übersetzt immer noch die Comics im kress. STG