Wir müssen draußen bleiben

Rechtsrock-Konzert in Billstedt fand statt, weil die Nazis nur ausgewählte Gäste, nicht aber die Polizei eingeladen hatten  ■ Von Peter Müller

Hamburgs Polizei hat sich offenkundig am Samstagabend vom Rechtsrocknetzwerk „Blood & Honour“ (B&H) an der Nase herumführen lassen. Während 400 Neonaziskins in einem Raum einer Disco im Legiencenter in Billstedt stundenlang die B&H-Rechtsrockbands „Noie Werte“ und „Legion of St. George“ feierten, lag die Polizei vor der Tür nur auf der Lauer. „Es gab keine Feststellungen von Straftaten“, begründet Polizeisprecherin Ulrike Sweden die Tatenlosigkeit.

Um Straftaten festzustellen, wäre es allerdings notwendig gewesen, das Treiben im Konzertsaal unter die Lupe zu nehmen – nachdem die Glatzen schon unbehelligt die Disco erreichen konnten. Denn es ist kein Geheimnis, dass bei B&H-Konzerten Volksverhetzung auf der Tagesordnung steht. Da aber zu dem als private Veranstaltung deklarierten Konzert nur geladene Gäste hereingelassen worden seien, so Sweden, sei von der Polizei „keiner drin gewesen“, und somit habe es keine Rechtsgrundlage zur Auflösung gegeben.

Dabei spielte an dem Abend die Gruppe „Noie Werte“, eine der bekanntesten Nazibands. Ihre CD „Kraft für Deutschand“ steht seit 1992 auf den Index und ist 1994 sogar beschlagnahmt worden. Zudem dürfte auch der Hamburger Polizei die Gefährlichkeit des B&H-Netzwerkes bekannt gewesen sein, das mehrere Seiten des neuesten Verfassungsschutzberichtes füllt. Seit kurzem wird nach Angaben des Antifaschistischen Infoblattes Berlin über Internet von der B&H-Sektion „Scandinavian“, die über enge Kontakte zu norddeutschen B&H-Sektionen verfügen, offen dazu aufgerufen, die „Waffen in die Hand zu nehmen“, „die multikulturelle Gesellschaft anzugreifen, um das Leben der arischen Rasse zu erhalten“.

Während das rechtsextreme „Aktionsbüro Norddeutschland“ über die „Rechtstreue der Hamburger Polizei“ frohlockt – „der nationale Widerstand lebt“ –, herrscht ansonsten Unverständnis, wieso das erste Rechtsrockkonzert seit Jahrzehnten stattfinden konnte. Innenbehördensprecher Christoph Holstein wollte keinen Kommentar abgeben. Konrad Freiberg, Chef der Gewerkschaft der Polizei, zeigte sich „entsetzt“, dass „die grölende Glatzen“ feiern konnten, war aber „erleichtet, dass nichts passiert ist“. Freiberg macht vor allem den Verfassungsschutz für das Versagen der Polizei veranwortlich. Vize-Verfassungsschutzchef Manfred Murck: „Wir hatten frühzeitig Erkenntnisse, dass im Großraum Hamburg ein Skinkonzert stattfinden soll“, so Murck, „es gab auch einen vagen Hinweis auf Hamburg.“

Für den Regenbogenabgeordneten Lutz Jobs ist der Vorgang wieder einmal ein Indiz für das Versagen von SPD-Innensenator Hartmuth Wrocklage: „Die Neonazis werden immer dreister, und die Innenbehörde schaut zu.“ Für den Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft Kritischer Polizisten, Thomas Wüppesahl, ist es nur noch „irre, was unter Rot-Grün möglich ist“.