In der Tiefsee wartet das Millionengrab

Hafen meldet wieder Rekorde. Nächste Elbvertiefung nicht ausgeschlossen  ■ Von Peter Ahrens

Die Blechkiste hat die Arbeit im Hafen komplett verändert. 93 Prozent der Güter werden in Hamburg inzwischen über Container umgeschlagen, so weit vorangeschritten ist die Containerisierung nirgends sonst in den großen europäischen Häfen. Kaffee, Kakao, Düngemittel – Produkte, die noch vor ein paar Jahren selbstverständlich als Stück- oder Massengut nach Hamburg kamen, werden heute in der Kiste transportiert. So viele wie nie waren es im ersten Halbjahr: Über zwei Millionen, das ist ein Zuwachs von 13,6 Prozent.

Die alten Umschlagstechniken, die jahrzehntelang den Hafen geprägt haben, sie sterben langsam. Die Zahlen beim Massengut – das sind Produkte wie Kohle oder Erze – und beim Stückgut wie Stahl- oder Eisenteile, Papier oder Früchte gehen zurück, sind nur noch Restgrößen in der Bilanz, die der oberste Verkäufer des Hafens, der Geschäftsführer des Hafenmarketings Hans-Ludwig Beth, gestern vorstellte. Eine Bilanz, die wieder einmal Rekordausmaße angenommen hat: Einen Umschlag von 83 bis 84 Millionen Tonnen erwartet die Hafenwirtschaft für das Jahr 2000, das sind noch einmal zwei Millionen mehr als im Vorjahr, und auch das war schon, versteht sich, Rekord. Der hohe Dollarkurs und der niedrige Euro-Stand sorgen dafür, dass der Export glänzende Geschäfte macht.

In der Diskussion um einen möglichen Tiefwasserhafen an der Nordseeküste – im Gespräch sind die Bewerber Cuxhaven und Wilhelmshaven – hat sich Hamburg längst festgelegt. Beth bleibt auf Linie, die die Hamburger Hafen- und Lagerhausgesellschaft HHLA als größtes Unternehmen im Hafen vorgegeben hat: Cuxhaven soll es sein. Die Stadt habe die besseren Verkehrsanbindungen, sei besser ans Hinterland angebunden und auch genehmigungsrechtlich weiter als der Konkurrent. Ob es aber tatsächlich einen solchen Hafen für größere Schiffe mit mehr Tiefgang braucht, lässt Beth offen. Er schließt dagegen auch die Möglichkeit einer erneuten Elbvertiefung nicht aus. „Die darf dann aber nicht wieder 15 Jahre von der Planung bis zur Umsetzung dauern.“

Zweifel aus ganz anderen Gründen am Tiefseehafen-Konzept haben die Umweltverbände gestern angemeldet. Es gebe noch kein schlüssiges Finanzkonzept, beklagen WWF, BUND und die Aktionskonfernez Nordsee in einer gemeinsamen Erklärung. „Durch eine übereilte Entscheidung könnte ein Millionengrab für Steuergelder entstehen“, befürchten die Naturschützer, die auch die ökologischen Auswirkungen eines solchen Hafens noch für völlig ungeklärt halten. Es sei zu befürchten, dass mit dem Bau eines Containerterminals an einem der beiden Standorte „die Zerstörung mehrerer 100 Hektar Wattflächen und Wasserlebensräume verbunden ist“. Außerdem werde auch der angrenzende Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer durch dauernde Baggerarbeiten beeinträchtigt.

Während der Hafen im Tiefwasser frühestens 2006 Wirklichkeit werden kann, drückt das Problem um die festgefahrenen Tarifverhandlungen der Elblotsen schon jetzt. Auch dort singt Beth das Lied der Hafenwirtschaft, und das hat die Melodie: Tarife runter. Man müsse etwas tun, „um diesen Kos-tenfaktor wirtschaftlicher zu machen“. Ob es wirklich nötig sei, drei Lotsen an Bord zu haben, ob man den Schichtdienst nicht umgestalten könne – all das müsse überlegt werden.