Neue Titel für Bremens alte Kioske (1). Heute: „Vanessa“, das „Magazin für das Girl von heute“

Der Zeitungsmarkt wird immer unübersichtlicher. Beinahe täglich kommen neue Titel hinzu: Tageszeitungen, Wirtschafts- und Computermagazine, Kulturjournale, Publikums- und Fachzeitschriften überschwemmen die Kioske und stellen die InteressentInnen vor schwerste Kaufentscheidungen. Jetzt gibt es Hilfe: Die Kulturredaktion der taz bremen stellt in lockerer Folge die neuen und sozusagen archetypischen Titel vor. Heute: „Vanessa“.

Früher war Frauenzeitschrift einfach „Brigitte“. Klar: Es gab auch „Frau im Spiegel“, „Bild der Frau“ oder „Echo der Frau“. Doch nur „Brigitte“ hatte das gewisse Etwas: Wenig Klatsch- und Tratsch-Geschichten aus den Häusern von Fürsten, Königen und TV-Stars, dafür mehr treffsichere Trendanalysen zum Thema Mode, mehr Service und Kultur und auch mal eine gut recherchierte Reportage. Heute ist „Brigitte“ nicht mehr allein, denn es gibt jetzt „Vanessa“, das „Magazin für das Girl von heute“.

Der Medien- und mit ihm auch der Zeitungsmarkt hat sich ausdifferenziert. Und er hat sich ausdifferenziert, weil sich das Publikum ausdifferenziert hat, und das erkennt man am Werbeumfeld. Nehmen wir zum Beispiel das Werbeumfeld der 19-Uhr-Hauptsendung der „Heute“-Nachrichten im ZDF. In den Werbespots vor und nach der Sendung folgt eine Arzneireklame auf die nächste. Die beworbenen Waren wie Gebissreiniger, Schmerz- und Kreislaufmittel lassen unschwer erkennen: Die „heute“-Nachrichten werden von älteren MitbürgerInnen gesehen. Doch während sich eine Nachrichtensendung prinzipiell an alle Altersgruppen wendet, sind Zeitschriften auf bestimmte Altersgruppen zugeschnitten. Will sagen: „Brigitte“ und Twen verträgt sich nicht, für das Girl von heute ist das klassiche Frauenmagazin einfach zu „alt“.

Das hat der Brauerverlag, Hamburg, erkannt. Mit einer Startauflage von 800.000 Exemplaren brachte er jetzt „Vanessa“, das „Magazin für das Girl von heute“ an die Kioske. Schon der Titel ist trendy, der Untertitel ist es erst recht. Die Kids von gestern sind eben heute Girls und Boys und nennen sich auch so. Vorbei sind die Zeiten, in denen über solche Begriffe und vor allem die Grammatik (das Girl, sächlich) gestritten wurde. „Das Girl“ ist eben selbstbewusst und geht – ob sächlich oder auch nicht – auch mal zur Sache.

Auch mit der Themenauswahl beweist der Brauer-Verlag viel Gespür für mutige und zeitgemäße Themen. In der „Vanessa“-Augustausgabe sind „Pants, Tops, Sandals“ wohl das Thema, über das die Girls von heute sprechen (für unsere älteren LeserInnen: Pants, Tops und Sandals sind Hosen, Oberhemden oder Blusen und leichte Laufschuhe).

Noch ist das Girl von heute ein Girl, aber schon morgen muss es seine Frau stehen. „Vanessa“ stellt die klugen Frauen in den Führungsetagen bekannter Markenartikler vor. Und weil die spätere Karriere wenig Zeit lässt, widmet sich das „Magazin für das Girl vn heute“ in einem Special dem Thema „Car-Food“ – denn Dein Auto ist nicht nur zum Fahren da: Auto-Piloten und elektronische Fahrhilfen sind ja heutzutage schon serienmäßiges Zubehör von Neuwagen. Deshalb kann Girl (und Boy natürlich auch – 30 Prozent der LeserInnen sind nach Verlagsangaben männlich) die Fahrzeit auch anders nutzen: Für das Naschen zwischendurch oder die Einnahme einer kompletten Mahlzeit.

Außerdem finden sich wunderschöne Rubriken in „Vanessa“: Natürlich dürfen auch im dritten Jahrtausend das Horoskop und die allseits beliebten Psychotests (in dieser Ausgabe: „Bist Du bindungsfähig?“) nicht fehlen. Im September sind folgende Themen geplant: „sms: safer more & sexy – besser flirten mit Vanessa“, „Outdoor-Fashion – die neuen Winterkataloge“ und „Special: Stalking“.

Wir sagen: weiter so. ck