Roma-Familie darf zurück

Niedersächsisches Innenministerium revidiert erstmals Rückführung. Roma-Familie darf bis auf weiteres bleiben. Behörde beugte sich dem Urteil des UN-Flüchtlingshilfswerks

BERLIN taz ■ Im Streit um die Abschiebung einer Roma-Familie aus Duderstadt ins Kosovo hat das Land Niedersachsen seine Entscheidung rückgängig gemacht. Das Innenministerium kündigte gestern an, die drei Flüchtlinge nach Deutschland zurückzuholen. Der 58-jährige Mann, seine Frau und der gemeinsame Sohn, die seit 1992 in Niedersachsen lebten, waren am vergangenen Donnerstag abgeschoben worden. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR hatte die Abschiebung scharf kritisiert. Eine Rückkehr bereits abgeschobener Flüchtlinge hat es in Niedersachsen in der Vergangenheit nicht gegeben.

Die Familie habe nicht glaubhaft nachweisen können, dass sie der Minderheit der Roma angehört, so der Leiter des Ausländerreferates im niedersächsischen Innenministerium, Hans-Hermann Gutzmer, gegenüber der taz. „Die drei haben sich zunächst als Bosnier ausgegeben, später als Kosovo-Albaner - je nachdem, was gerade günstig für sie war.“ Seine Behörde habe aber immer betont, dass sie die Entscheidung zurücknehme, sobald das UNHCR vor Ort neue Erkenntnisse habe. „Die nun vorliegende Bescheinigung des Hilfswerks ist zwar auch nicht ausreichend, aber wir haben uns gebeugt“, so Gutzmer.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in Göttingen hatte eine Protestaktion gestartet, um die Abschiebung rückgängig zu machen. Die Familie sei im Kosovomassiv gefährdet gewesen. „Nachdem sie in Pristina angekommen waren, hat das Flüchtlingshilfswerk die drei sofort unter Schutz gestellt“, sagte GfbV-Generalsekretär Tilman Zülch.

Ende vergangenen Jahres hatten die Bundesländer mit Ausnahme Thüringens die Ausländerbehörden per Erlass angewiesen, keine Angehörigen ethnischer Minderheiten ins Kosovo abzuschieben.

Die Volkszugehörigkeit sei schwer festzustellen, betonte der Leiter des niedersächsischen Ausländerreferats Gutzmer. In einem Gespräch mit der GfbV will das Ministerium nun klären, welche Kriterien künftig zugrunde gelegt werden sollen. Die Behörde will verhindern, dass die „Rückführung überhaupt torpediert wird“, so Gutzmer. Wie lange die dreiköpfige Familie in Deutschland bleiben kann, ist unklar. „Bis auf weiteres“, lautete die Auskunft aus dem niedersächsischen Innenministerium.NICOLE MASCHLER