Hitlergruß ist ein Entlassungsgrund

Berliner Betriebe kündigen disziplinarische Maßnahmen gegen rechtsradikale Mitarbeiter an: Denen droht die fristlose Kündigung wegen „Störung des Betriebsfriedens“. Gewerkschaften unterstützen das Vorgehen und bieten Toleranzseminare

von RICHARD ROTHER

Immer mehr Berliner Betriebe wollen unter ihren Mitarbeitern keine Rechtsradikalen dulden. Wer entsprechend auffällt, dem drohen disziplinarische Maßnahmen – bis hin zur Kündigung.

„Wir akzeptieren keine rechtsradikalen Bestrebungen in unserem Unternehmen“, sagte ein Bewag-Sprecher. Dies würde dem Ansehen der Firma schaden. Die Bewag gehe konsequent gegen solche Mitarbeiter vor – je nach Schwere des Vergehens. „Das kann die fristlose Kündigung sein.“ Zuvor gebe es aber Ermahnung und Abmahnung. „Wir wollen, dass eine Kündigung vor dem Arbeitsgericht Bestand hat.“

Rechte werden auch bei Schering nicht geduldet. „Wir sind ein internationales Unternehmen, da ist Toleranz selbstverständlich“, betont eine Sprecherin. Wer Mitarbeiter verbal belästige, störe das Betriebsklima und müsse mit Konsequenzen bis hin zur Kündigung rechnen. Dies betreffe nicht nur Rechts-, sondern auch Linksradikale oder Scientology-Anhänger.

Darauf legt man auch im öffentlichen Dienst großen Wert. „Wer als Rechts- oder Linksradikaler gegen seine Dienstpflichten verstößt, muss mit Konsequenzen rechnen“, so ein Sprecher der Innenverwaltung. Anders als in der freien Wirtschaft gebiete dies schon das öffentliche Dienstrecht.

Bei den Berliner Wasserbetrieben (BWB) und bei Siemens wird das rechte Auge ebenfalls nicht zugedrückt. „Toleranz ist wichtig“, so ein BWB-Sprecher.

Ähnlich die Stadtreinigung. „Wir greifen restriktiv durch“, so ein BSR-Sprecher. Die BSR entließ bereits 1997 einen Azubi. Er hatte am Spind eines türkischen Kollegen ein Blechschild mit dem Schriftzug „Arbeit macht frei, Türkei schönes Land“ angebracht. Der Fall ging bis vor das Bundesarbeitsgericht, das die Kündigung bestätigte. Bei der BSR gibt es seither ein Toleranz-Pflichtprogramm für die Azubis. Sie besuchen im ersten Lehrjahr unter pädagogischer Betreuung das Konzentrationslager Sachsenhausen.

Konsequenzen auch in anderen Betrieben: Coca-Cola feuerte einen Pförtner, der mit Hitlergruß in die Kantine kam. BMW entließ einen Arbeiter wegen antisemitischer Äußerungen.

Der DGB begrüßt dieses Vorgehen der Unternehmen gegen die Mitarbeiter. „Wir müssen ein Zeichen gegen rechts setzen“, sagte DGB-Landesvize Bernd Rissmann. Arbeitsrechtlich sei eine Kündigung wegen „Störung des Betriebsfriedens“ möglich. Der Kündigung würden dann auch die Betriebsräte zustimmen. „Die Betroffenen haben in einem solchen Fall vor Gericht kaum Chancen.“ Zurzeit fordert der DGB schriftlich alle Betriebsräte auf, auf ein konsequentes Vorgehen gegen Rechtsradikale in ihren Betrieben zu drängen.

Der DGB belässt es aber nicht bei Worten. Seit Mai führen die Gewerkschafter Schulungsseminare für junge Beschäftigte durch. Thema: Toleranz und Rechtsextremismus. Rund 1.000 junge Leute werden die Veranstaltungen bis zum Jahresende besucht haben. Der DGB hat eigens über 20 Ausbilder geschult.