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: Ein Freund zum Verlieben

Eine derart geballte Dosis narzisstische Energie war selten in einem Filmbild zusammengepfercht: Madonna, Inbegriff des selbst designten Popkörpers, und Hollywoods schwule Galionsfigur Rupert Everett, der sich in den letzten Jahren von schmächtiger Britishness zum leckeren Beefcake hochgestemmt hat, als Freundes-und Elternpaar in einem John-Schlesinger-Film.

Dass von der ersten Sekunde an nicht die geringste Verbindung geschweige denn Spannung zwischen den beiden Luxusbodys besteht, ist im Grunde noch das Interessanteste an „Ein Freund zum Verlieben“. Aus dem Nebeneinander von freundschaftlicher Verbundenheit und erotischem Desinteresse von Date-loser Mittdreißigerin und schwulem besten Freund soll dann aber irgendwie der Thrill eines ungeplanten und postwendend bereuten Ausrutschers entstehen („Was haben wir getan!?“). Was den Nicht-Umgang mit sexuellen Festlegungen, Überschreitungen und Community-bedingten Tabus betrifft, kommt dieser eine fatale und natürlich mächtig alkoholgetränkte Akt, von dem selbstredend nichts zu sehen ist, allerdings eher einer In-Vitro-Zeugung oder unbefleckten Empfängnis gleich.

Sobald das gemeinsame Balg auf der Welt ist, macht John Schlesingers Film denn auch gleich einen Zeitsprung von einigen Jahren, um schnurstracks in eine Vera-am-Mittag-Variante von „Kramer gegen Kramer“ abzukippen. Solange sich Everett in Positur stellte und mit dem Gartenschlauch die Büsche einer Luxusvilla abspritzte bzw. Madonna glamouröse Abendkleider ausprobierte, war alles in Ordnung. Aber wer will diese beiden schon hochdramatisch in einem Sorgerechtsdrama leiden sehen? Zumal „Ein Freund zum Verlieben“ alle politischen, sozialen bzw. genderbezogenen Implikationen seines Themas sauber umkurvt. – Die Tatsache, dass ein wandelndes Image wie Madonna als Schauspielerin eigentlich nur in Filmen funktioniert, die in der Lage sind, mit medialen Konstruktionen zu spielen, war doch eigentlich ein respektabler Erfahrungswert.

Schlesingers belangloses Filmchen verfolgt aber genau die umgekehrte Strategie und versucht auf fast schon rührende Weise, seine beiden Ikonen zu erden. Madonna (die übrigens langsam die verhärmten Züge einer Provinzbodybuilderin entwickelt) wird als fleißige Yogalehrerin eingeführt, während Everett mal eben kurz mit einer Baubrigade herumwurschtelt. So viel Arbeitswelt muss sein.

KATJA NICODEMUS

„Ein Freund zum Verlieben“. Regie: John Schlesinger. Mit Madonna, Rupert Everett u. a. USA 2000, 98 Min.