Klagen gegen Musikkonzerne

US-Bundesländer fordern Schadenersatz in noch unbekannter Höhe. Absprachen mit Handelsketten über Werbung und Verkaufspreise sollen CDs verteuert haben

NEW YORK/BERLIN taz/afp ■ Die großen Gerichtsverfahren in der Musikindustrie gehen weiter. Nachdem zuletzt die Musikkonzerne gegen Internetvertreiber vor Gericht gezogen waren, sitzen die Plattenfirmen nun selbst auf der Anklagebank. 28 Bundesstaaten haben die fünf größten Musiklabels und drei Händler wegen angeblicher Preisabsprachen verklagt.

Der Vorwurf: Die Musikkonzerne sollen sich mit den großen Musik-Ladenketten geeinigt haben, die Werbe- und Präsentationskosten für bestimmte CD-Titel zu übernehmen. Im Gegenzug verpflichten sich die Läden, die Platten zu einem festgesetzten Preis zu verkaufen.

Die Wettbewerbshüter der Bundesstaaten schätzen, dass die CD-Preise durch diese Praktik um zwei Dollar auf durchschnittlich 14 bis 17 Dollar pro Stück gestiegen seien – nachdem sie zuvor durch Billiganbieter stetig gesunken waren. Die Kunden hätten dadurch in den letzten zweieinhalb Jahren etwa 480 Millionen Dollar mehr gezahlt, zitiert die US-Nachrichtenagentur CNN ein Gutachten der Wettbewerbskommission FTC.

Betroffen sind Time Warner, Sony, Bertelsmann Music Group, EMI und Seagrams Universal Music. Die fünf Konzerne stellten 85 Prozent aller verkauften CDs in den USA her, so die Staatsanwälte. Welche Schadenersatzsummen gefordert werden sollen, ermitteln die Bundesländer gerade. Danach ist auch eine gütliche Einigung mit den Konzernen möglich. EMI erklärte gestern, die beanstandete Preispolitik sei legal. Ähnliche Praktiken seien bei Elektronik- und Sportausrüstern gang und gäbe. EMI zufolge hatten sich die Firmen bereits im Mai mit den US-Kartellbehörden gütlich geeingt, um eine gerichtliche Auseinandersetzung zu verhindern.

Das Hauptquartier der Bertelsmann Music Group (BMG) in New York zeigte sich ebenfalls zuversichtlich, dass auch die Gerichte zum Schluss kämen, es handele sich nicht um eine illegale Praxis. Von der BMG war bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme zu erhalten, ob ähnliche Praktiken auch in Deutschland üblich sind oder waren. Ein Übereinkommen wie in den USA wäre jedoch auch für das Bundeskartellamt eine wettbewerbswidrige Absprache, sagte gestern ein Sprecher. REINER METZGER