■ Urdrüs wahre Kolumne
: Noch regiert die nackte Gier!

Dankenswerterweise erinnerte diese Deine Heimatzeitung in ihrer Rubrik „Vor zehn Jahren“ jetzt an die genialischen Überlegungen des damaligen taz-Redakteurs und heutigen Senatssprechers Klaus Schloesser zu Gründen für die Beibehaltung des bremischen Status „Bundesland“. Inzwischen ist viel Wasser die Weser hinuntergeflossen und von seiner kleinen grünen Wolke raunt der alltagsweise Ernst Bloch uns zu: „Alles Gescheite mag schon siebenmal gedacht worden sein, aber wenn es wieder gedacht wird, in anderer Zeit und Lage, so ist es nicht mehr dasselbe!“ Dass solche Hinweise aus der philosophisch-internistischen Ambulanz hierzulande einfach keine Konsequenzen haben – irgendwie bedauerlich!

Tatort Wochenmarkt: Eine Obstverkäuferin bietet der zögerlichen Kundin in souveräner Großzügigkeit an, doch vor der Kaufentscheidung mal von den Pflaumen zu probieren. Worauf die Interessentin mit erstaunlicher Dreistigkeit nicht nur ein oder zwei Exemplare an sich nimmt, sondern gleich zwei recht bratpfannenähnliche Patschhände voll mit den süßen Früchten für lau in ihren Beutekoffer packt: „Mein Mann und mein Sohn wollen sicher auch mal kosten.“ Mit solcher Gier von fast schon klauspeterschulenbergschem Format aber macht man jene Generosität kaputt, die den Reiz des freien Handels ausmacht, und als Opfer in den Arsch gekniffen sind dann wieder die bescheidenen Menschen von zurückhaltender Lebens- und Wesensart, wie Sie und Du zum Beispiel, und vor allem ich!

Die Ertränkung des paketmäßig verschnürten Kampfhundes in einem Emder Kanal belegt, daß die von der taz ins Spiel gebrachte chinesisch-kulinarische Entsorgung der gemeingefährlichen Kläffer (schmerz- und rückstandsfrei!) immer noch nicht jenen Stellenwert in der öffentlichen Diskussion genießt, der ihm gebührt: Brauchen Tier- und Menschenfreunde wirklich noch mehr Gründe, um aktive Abonnentenwerbung zu betreiben und die Reichweite dieses Blattes zu erhöhen?

Überall im Blätterwald hört man derzeit das tiefbefriedigte Grunzen, die Chaostage in Hannover und Bremen seien in diesem Jahr dank massiver Polizeikräfte ausgefallen. Ja, aber worum geht es denn bei einer solchen Veranstaltung sonst als darum, die Ordnungskräfte zu binden und dadurch Freiräume für die kriminelle Phantasie des moralisch handelnden Individuums zu schaffen? Liegt doch nicht an den Punks, wenn die verbliebenen AKW-Gegner an die dreißigjährige Green Please-Perspektive glauben, statt die Chance des Chaos' zu nutzen! Brechtbertus kannte viele Bedingungen für den Umsturz, wusste aber von keinem Tag, an dem man nichts für die Veränderung tun könne – merk Dir das, kleines Pfadfindermädel, wenn's Dir vor Sprinkleranlage, Scannerkasse oder hochtourigem Chromglanz in den humanitär gesinnten Fingern juckt – oder auch Du daran verzweifelst, dass die Ems-Schützer ihren heroischen Kampf zur Rettung von Mensch und Natur gegen die Meyerwerft-Mafia in Politik und neuwagensüchtiger Bevölkerungsmehrheit aufgegeben haben. Trotz alledem!

Mit gefälschten Personalpapieren aus eigener Produktion wollte die Cloppenburger Ausländerbehörde einen afrikanischen Asylbewerber in den Kongo abschieben. Doch noch gibt es rechtschaffene Richter in Oldenburg, sogar beim Verwaltungsgericht, und die haben nicht nur die Abschiebung untersagt, sondern auch die Staatsanwaltschaft zu Ermittlungen gegen die behördlichen Fälscher veranlasst. Wie war das noch in Bremen – mit dem gefälschten Kopftuchfoto für eine arme Iranerin?

Mollige Rasseweiber für französisch pur, Zeigefreudige im kurzen Rock, Sekretärin auf Abwegen und die stark behaarte Anfängerin Romina drücken Tag für Tag selbst oder über ihre Manager nicht unbeträchtliche Anteile ihres Umsatzes an die Bremer Tageszeitungs AG für die einschlägigen Kleinanzeigen-Spalten ab und bekommen im Gegenzug nicht einmal PR-mäßige Unterstützung durch den Verlag für ihre Interessen. Empfiehlt sich das Unternehmen da nicht als allererste Ansprech-Adresse für Fund-Raising in Sachen Aids-Hilfe und Prostituiertenberatung, schon um sich vom Verdacht der Bereicherung aus gewerbsmäßiger Zuhälterei zu befreien? Darüber nachzudenken lohnt in Mark und Pfennig!

Empfiehlt wie immer ganz und gar uneigennützig

Ulrich „Redsox“ Reineking