Flucht in die Freiheit

Der Kaufhauserpresser Arno Funke wird nächste Woche nach sechs Jahren und vier Monaten vorzeitig entlassen

Ab kommenden Montag wird einer der populärsten Gefangenen Deutschlands wieder zu Hause schlafen können. Arno Funke alias Dagobert, der die Polizei zwischen 1992 und 1994 mit mehreren selbst gebastelten Rohrbomben und einer Forderung von 1,4 Millionen Mark an den Karstadt-Konzern auf Trab hielt, wird am Montag vorzeitig entlassen. Grundlage für die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer des Berliner Landgerichts waren die Zustimmung der Justizvollzugsanstalt Plötzensee und das Gutachten eines Psychologen, der Funke auf Herz und Nieren daraufhin geprüft hatte, ob eine Wiederholungsgefahr besteht. Funke war im April 1994 festgenommen und zu neun Jahren Haft verurteilt worden.

Großartig verändern wird sich sein Leben nicht. Schließlich ist der 50-Jährige, der 1988 das Berliner Kaufhaus KaDeWe erfolgreich um eine halbe Million Mark erleichtert hatte, schon seit über einem Jahr Freigänger. Tagsüber arbeitet er als Autor – er sitzt derzeit an der Überarbeitung seines ersten Drehbuches – und als Illustrator für das Satiremagazin Eulenspiegel. Nur zum Schlafen rückte er ins Gefängnis ein. „Ich will das Leben als Normalisierung erfahren“, sagte Funke gestern gegenüber der taz.

Ob ihm das gelingt, ist fraglich. Denn zumindest am Tag seiner Entlassung ist mit einem großen Medienrummel zu rechnen. „Mir ist jetzt schon übel, wenn ich daran denke“, stöhnt Funke. „Wenn ich mich der Presse verweigere und flüchte, bleiben sie mir auf den Fersen oder lauern mir zu Hause auf.“ Funke hofft, dass zumindest seine Freundin, mit der er seit geraumer Zeit zusammen lebt, in Ruhe gelassen wird.

Vertreter des Christoph Links Verlags, bei dem Funke das Buch „Mein Leben als Dagobert“ herausbrachte und das jetzt beim Fischer-Verlag als Taschenbuch zu haben ist, wollen die Entlassung mit einem Mittagessen feiern. Die Wahl des Restaurants liegt bei Funke. Das Satiremagazin Eulenspiegel würde ihn gerne „mit einem Blumenstrauß abholen und entführen“. Doch wer auch immer Funke abholen will, hat das Problem, nicht zu wissen, ob der Termin nicht doch verschoben wird. So bleibt nur, Funke zu wünschen, dass ihm die Flucht in die Freiheit gelingt.

B. BOLLWAHN DE PAEZ CASANOVA