Falschparkers Schutzpatron

Eifrige Nachbarn, Grillfeste, kaputte Thermometer: Wer Hauke Brosts nicht liest, verpasst die herrlichen Kleinigkeiten in Hamburg  ■ Von Peter Ahrens

Es gibt den täglichen Presse-Unrat, und es gibt Hauke Brost. Ein freundlicher Herr mittleren Alters, der einem von dem Foto in der Zeitung entgegen schaut, sich an die Brille fasst und lacht. Worüber, verrät er nicht, aber wahrscheinlich schmunzelt er gerade wieder einmal über die herrlichen Kleinigkeiten, die „diese wunderschöne Stadt“ tagtäglich für den aufmerksamen Beobachter bereit hält. Vielleicht hat ein sorgsamer Nachbar gerade wieder den Bürgersteig von lästigem Unkraut gereinigt, oder Anwohner haben sich auf der Straße höflich gegrüßt, oder die Feuerwehr hat ein Grillfest veranstaltet. Alles Vorfälle, die Hauke Brost gut findet, sammelt und aufschreibt. Damit es die LeserInnen der Bild-Zeitung jeden Morgen in seiner Kolumne „Hamburg – meine Stadt“ erfahren dürfen.

Der Herr Brost geht durch die Stadt und schaut mal hierhin und mal dahin. Er sieht, dass das Thermometer am Mercedesturm-Haus im Sommer minus null Grad anzeigt, dass in der Grillparzerstraße in Uhlenhorst 20 Meter neben einer Ampel ein Zebrastreifen gepinselt ist und dass im Pöseldorfer Weg schon seit einer Woche ein prall gefüllter gelber Müllsack steht und ein Briefkasten ungeleert ist. Dann schüttelt der Herr Brost sacht seinen Kopf, hebt den Zeigefinger, greift zur Feder und ermahnt die Behörden, da doch einmal hinterher zu gehen: „Liebe Post, denkt mal darüber nach.“

Der Herr Brost ist der Anwalt der kleinen Leute, ein Fürsprecher für die Falschparker und Kleinkrämer dieser Welt, er sorgt sich darum, wenn Menschen ihren Schlüssel verloren haben, er bestellt ihnen ihr Lieblingslied bei der Hamburg Welle 90,3, er empört sich, wenn der Grünstreifen bei den Nachbarn einmal nicht ordentlich gepflegt ist.

Manchmal wird der Herr Brost ganz energisch. Wenn die Fassade nicht adrett geputzt ist oder das Ordnungsamt zu übereifrig war. Dann sagt er: „Das ist doch wohl die Höhe“ oder „da muss ich wohl mal nach dem Rechten sehen“. Meistens kneifen die Behörden dann in vorauseilendem Gehorsam, schicken bußfertige Faxe an Herrn Brost und versprechen auf der Stelle Besserung.

Man nimmt stetig Anteil am Leben des Herrn Brost. Man weiß, dass im Haus gegenüber die Fens-ter seit Wochen mit Zeitungspapier verklebt sind („Das sieht vielleicht häßlich aus“), dass ihm in Dänemark einmal ein Hund zugelaufen ist, man erfährt Ausführliches über seine vielgestaltigen Formen von Beinahe-Unfällen im Straßenverkehr, niemals ohne Ermahnung für die VerkehrsteilnehmerInnen: „Passen Sie bloß auf, wenn Sie Auto fahren. Die Straßen sind nämlich jetzt sehr glatt durch das rutschige Laub.“

Der Herr Brost mag seine LeserInnen, und deswegen lässt er sie in seiner Kolumne auch oft zu Wort kommen. Frau Wittnebel aus Geesthacht schreibt dem Herrn Brost, als der aus den wohl verdienten Ferien (Ostsee-Erholung auf dem Dampfer, „ich greife da gern einmal zum Schifferklavier“) zurückkehrt: „Jetzt macht das Zeitungslesen wieder Laune.“