Knüppelkuh und Frl. Honig

Auf Sat.1 ist am Sonntag mit „Matilda“ (20.15 Uhr) ein wunderbarer Danny-DeVito-Film zu sehen

von HEINZ FROSCH

Über der Tafel am Kopf des Klassenzimmers steht das Credo dieser Schule: „Wenn du hier Spaß hast, lernst du nicht.“ Die Rektorin der Erziehungsanstalt, einst olympische Kugelstoßerin und Hammerwerferin, sieht in ihrem KZ-Aufseherinnen-Outfit grotesk aus. Deshalb heißt sie auch Agathe Knüppelkuh.

Aber die still an ihr leidenden Kinder sind lieb und miteinander solidarisch. Auch Fräulein Honig ist eine freundliche Pädagogin, leider aber chancenlos gegen die brachiale Gewalt. Ihre Heldin heißt Matilda Wurmwald. Kürzlich erst konnte sie ihre Eltern überzeugen, endlich die Schule besuchen zu dürfen. Ihre Erziehungsberechtigten heißen im richtigen Leben Danny DeVito und Rhea Perlman und sind nicht nur in „Matilda“ ein Paar.

DeVito soll von seinen drei Gören angefleht worden sein, sich endlich der Verfilmung von Roald Dahls Geschichte vom armen, aber selbstbewussten Mädchen Matilda anzunehmen. Am Ende muss das Gemaule im Hause DeVito/Perlman gefruchtet haben. Und heraus kam ein wunderbares Märchen, das so gar nichts an sich hat mit den meisten Erzeugnissen dieses Literaturgenres.

Denn Matilda leidet an ihren an ihr desinteressierten Eltern („Was liest du Bücher, wenn der Fernseher läuft?“), an deren Rüpelhaftigkeit und Verlogenheit: Mama Wurmwald hat nur Sinn für Bingo und Schminktipps, Vater Wurmwald ausschließlich für seine Gebrauchtwagenfirma, die er vor allem mit Hehlerei am Leben hält. Die Kleine allerdings versinkt nicht ins lebensmüde Koma, sondern organisiert sich selbst. Geht in die Bücherei und frisst sich durch alle Literatur, die ihr in die Hände fällt. Und als sie endlich in die Schule darf, ist sie viel schlauer als alle anderen, aber nicht naseweis oder eingebildet.

Stattdessen nutzt sie ihre spirituellen Kräfte, mit denen sie Gegenstände bewegen kann (so sehen wir fliegende Möhren, in der Luft stehende Wasserkrüge, sich selbst rückende Sessel), um der Knüppelkuh Grenzen zu setzen. Und wie: Am Ende wird alles gut; vor allem schickt Matilda ihre Eltern in die Wüste . . . und der Rest soll nicht vorgeplappert werden, denn es ist fast zu schön, um wahr zu sein.

Ein Märchen also, ein Klassiker in US-amerikanischer Verpackung, denn jedem Kind, ob erwachsen oder nicht, wird klar, dass jeder Mut lohnt, Horrorgestalten den Kampf anzusagen, Eltern wohl in erster Linie. DeVito hat mit diesem Film seine Version des „Rosenkriegs“ erzählt; im ersten, mit Michael Douglas und Kathleen Turner, war er nur ein frustrierter Ehemediator. Hier zeigt er, dass es ein gutes Leben nach dem schlechten gibt – und dass Kinder keine verheulten Wesen sein müssen, die still ihr Leid ertragen. Im Märchen jedenfalls funktioniert so viel Selbstbestimmung sehr vergnüglich.