Doch kein Monopol auf Gene?

Regierung möchte die Patente auf Leben in ihrer Wirkung stark einschränken

BERLIN taz ■ Die Regierung beabsichtigt den Patentschutz für biotechnische Erfindungen enger zu fassen als in der EU-Richtlinie von 1998 vorgesehen. Künftig soll es nicht mehr möglich sein, mit einem Patent die wirtschaftliche Nutzung ganzer Genabschnitte für sich zu reservieren.

Um dies zu erreichen, will die Bundesregierung bei der Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht im Begründungstext klarstellen, dass ein Patent nur eine bestimmte Anwendung einer Gensequenz schützen darf. Auf diese Lösung einigten sich Justizministerin Herta Däubler-Gmelin, Forschungsministerin Edelgart Bulmahn (beide SPD) und Spitzenbeamte des Gesundheitsministeriums am Mittwoch in einem Gespräch im Justizministerium mit Patentjuristen sowie Vertretern von Forschung und Wirtschaft. Der genaue Wortlaut ist noch in Arbeit.

Mit dem Begründungstext will Bulmahn ein „Innovationshemmnis“ verhindern und „Rechtssicherheit“ herstellen. Insbesondere Wissenschaftler wie Ernst-Ludwig Winnacker, Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, hatten vor einer Blockade in der Medizinforschung durch weit reichende Patentrechte gewarnt.

Nach der EU-Richtlinie darf ein Genabschnitt zwar nur patentiert werden, wenn ein genauer Nutzen definiert wird, etwa für ein Medikament gegen Aids. Gene haben aber in der Regel mehr als nur eine Funktion im Körper. Würde ein anderer Forscher oder Konzern die Bedeutung desselben Gens, sagen wir für Alzheimer, entdecken, wäre es bereits für 20 Jahre durch das erste Patent blockiert.

Genau das will Rot-Grün ausschließen. Um Auseinandersetzung mit der EU-Kommission zu vermeiden, verfielen die Berliner Juristen auf den Trick, den Wortlaut weitgehend zu übernehmen, aber im Begründungstext dann wieder einzuschränken. Doch ob das reicht, ist fraglich. Bei einer möglichen Gerichtsentscheidung hat die Begründung nur eine untergeordnete Bedeutung für die Richter. Sie sind angehalten, ein Gesetz selbst zu interpretieren – die Interpretation des Gesetzgebers liefert dabei nur eines von mehreren Kritierien. URB