schnittplatz
: Fat Brother

100 Tage konnte man den „Big Brother“-Bewohnern dabei zuschauen, wie sie die Zeit totschlugen. Die so genannten Wochenaufgaben – Modelleisenbahnen bauen oder Städte auswendig lernen – waren aber nur erste Schritte auf einem gangbaren Weg. So plant der britische Privatsender Channel 5 „Jailbreak“: Die Kandidaten lassen sich in einen nachgebauten Knast sperren. Wer als erster den Ausbruch schafft, kassiert 800.000 Mark. „Channel Filth“ (Schmutzkanal) nennen die Briten den Sender. Der deutsche „Ich drück’ dich“-Channel Sat.1 hat sich nun von Endemol eine weitere Variation andrehen lassen: Bei „Big Diet“, geplant für nächstes Frühjahr, sollen zehn Kandidaten auf einer Art „Wellness-Farm“ zehn Monate lang leben und abspecken. „Abnehmen gehört zu den wichtigsten Themen, die die Deutschen beschäftigen“, sagte Sat.1-Sprecher Dieter Zurstraßen. Wo er Recht hat, hat er Recht. Wer rausfliegt, entscheiden nicht nur die Zuschauer, sondern auch der Diäterfolg. Dazu gibt’s deftige Versuchungen in Form von Buffets, Sahnetörtchen und Schweinebraten. Wer denen erliegt, fliegt. Gewinnen wird, wer unter sozialer Kontrolle am effektivsten das gesellschaftlich akzeptierte Normgewicht erreicht. Freuen dürfen wir uns schon auf die Kamera im Klo, in das die Bulimiker unter den Kandidaten sich erbrechen. Denkbar und konsequent wäre unter solchen Voraussetzungen auch „Big Alkoholiday“, bei dem zehn eingesperrte Alkoholiker binnen drei Monaten trocken werden müssen. Damit’s nicht zu einfach wird, wird ihnen regelmäßig ein Kasten Bier geliefert, gegen Ende auch Strohrum oder Nagellackentferner. Und warum nicht ein paar vorbestrafte Pädophile in den Kindergarten sperren, wenn’s der Resozialisierung dient. Stephen King hat unter dem Pseudonym Richard Bachman in den Achtzigern bereits den logischen Endpunkt dieser Spiele skizziert: In „The Long Run“ müssen Leute, die nichts mehr zu verlieren haben, einfach nur laufen, ohne anzuhalten. Wem die Puste ausgeht, der wird an Ort und Stelle erschossen. Demnächst auf RTL 3. ARNO FRANK