Plattform der radikalen US-Rechten

Die Reform Party, einst vom texanischen Milliardär Ross Perot gegründet, ist gespalten. Ihr aussichtsreicherer Flügel hat den Rechtsaußen Pat Buchanan zum Kandidaten gekürt. Der will die US-Truppen heimholen und die UNO aus New York rauswerfen

aus Long Beach PETER TAUTFEST

Die Reform Party, die vor fünf Jahren aus der Bewegung hervorging, die der texanische Milliardär Ross Perot 1992 entfacht hatte, ist in zwei Parteien zerfallen. Am Samstag haben zwei verschiedene Verkörperungen der Reform Party auf zwei nur hundert Schritt von einander getrennten Parteitagen in Long Beach, Kalifornien, zwei „Tickets“ nominiert. So heißt in den USA das Gespann aus Präsidentschafts- und Vizepräsidentschaftskandidat. Die eine nominierte den stimmgewaltigen Nationalisten Pat Buchanan zum Präsidentschaftskandidaten und die Schwarze Ezola Foster zur Vizepräsidentschaftskandidatin („Ich bin nicht Afroamerikanerin,“ ruft die ehemalige Lehrerin den jubelnden Delegierten zu, „ich bin Amerikanerin“).

Der andere Flügel benannte den Physiker und transzendentalen Metaphysiker John Hagelin zum Präsidentschaftskandidaten und Nat Goldhaber, einen High-Tech-Manager, zum Vizepräsidentschaftskandidaten.

Welche der beiden Splitterparteien das Banner der „Dritten Partei“ in den diesjährigen Wahlkampf tragen wird, werden die Bundeswahlkommission (FEC) und die Gerichte entscheiden müssen. Klar ist, dass die Reform Party Buchanans von den beiden die dynamischere Kraft im US-amerikanischen politischen Spektrum sein wird, auch wenn sie zur Zeit in den Umfragen hinter Ralph Naders Grünen liegt.

Patrick Buchanan, ehemals Journalist, Redenschreiber Richard Nixons, Mitarbeiter im Weißen Haus Ronald Reagans, rechter Star in Fernsehdebatten und dreimaliger erfolgloser Bewerber um die Republikanische Präsidentschaftskandidatur, will die Reform Party in eine Heimat für die US-amerikanische Rechte umwandeln. „Bisher konnten die Republikaner sagen: ‚Um diese Leute brauchen wir uns nicht zu kümmern‘ “, wettert Buchanan zum frenetischem Beifall der Delegierten. „Jetzt aber haben wir endlich unser eigenes Haus und können allen heimatlosen Konservativen zurufen, die Bush während seiner Familienfeier in Philadelphia in den Keller sperren ließ: Kommt rüber, in der Reform Party gibt es ausreichend Platz für euch.‘ “

Zu diesen heimatlosen Rechten zählt Buchanan außer den Gegnern von Abtreibung und Homosexalität die Arbeiter, die durch Importe aus Russland, Korea und Indonesien arbeitslos geworden sind. „Wir öffnen unsere Märkte bankrotten Regimen und verkaufen ihnen das Wohlergehen unserer Arbeiter“, donnert er, „und die Souveränität unseres Landes verkaufen wir an Organisationen, von denen die meisten von uns noch nie gehört haben – WTO und IWF.“ Buchanan will auf alle Importe in die USA 10 Prozent Zoll erheben und dafür alle Steuern auf Kleinunternehmen und mittelständische Betriebe abschaffen.

Zu Buchanans „America First“-Programm gehört auch, dass die USA ihre Soldaten aus aller Welt heimholen. „Was haben unsere Truppen in Kosovo, Kuwait, Korea verloren?“, fragt er in die begeisterte Menge. „Wir haben Serbien zerschlagen, das Kosovo zerstört und mehr Iraker umgebracht als Saddam Hussein. Ich aber werde unsere Truppen aus Kosovo, Korea und Kuwait nach Texas, Arizona und Kalifornien verlegen, wo sie unsere Grenzen gegen illegale Einwanderung schützen werden, damit sich die Menschen dort nicht mehr hinter Stacheldraht verbarrikadieren müssen.“

Kofi Anan und die UNO aber will er aus New York ausweisen, „und wenn er nicht binnen eines halben Jahres weg ist, werde ich ihm 10.000 Marineinfanteristen schicken, um ihm beim Packen zu helfen“, die Delegierten rasen vor Begeisterung.

Die Anhänger der neuen Reform Party sind nur noch zum Teil die alten Perot-Anhänger. Maydell Purvis aus Arizona ist der neuen Buchanan-Partei beigetreten, weil sie nicht will, dass die USA zu einem neuen Babylon werden, in dem sie die Verkäuferin im Supermarkt nicht mehr versteht. Ihrer Mutter hatte ihre aus Deutschland stammende Großmutter verboten, Deutsch zu lernen, weil sie zuvörderst Amerikanerin werden sollte.

„Wir sind die einzige wirkliche Friedenspartei“, sagt Justin Raimondo, von „antiwar.com“. Er betreibt eine Website gegen den Kosovokrieg und das US-Embargo gegen den Irak und trat als offen schwuler Redner vor die Delegierten, um Clintons Irak- und Balkanpolitik zu geißeln. „Gleiche Rechte für Schwule?“, fragt Raimondo spöttisch, „uns gehört doch schon halb Hollywood“, und dass Buchanan schwulenfeindlich sei, lässt er nicht gelten: „Buchanan hat für die Neuausgabe meines Buchs das Vorwort geschrieben.“ Titel des Buchs: „Die Wiedererweckung der amerikanischen Rechten: Das verlorene Erbe einer konservativen Bewegung“.

Während die Delegierten nach Buchanans Rede begeistert Party machen gehen, kehrt ein Heer spanisch sprechender Hilfsarbeiter die Tonnen von Konfetti auf und baut die Bühne ab.

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