Von der De(kon)struktion des klassischen Erzählweise Hollywoods

■ Wir können auch anders: Feministische Widersetzungen in Clubbed To Death und Baby I Will Make You Sweat

Die beiden Filme, die dieser Tage im Metropolis in der Frauenfilmreihe She's got it laufen, sind in mehrfacher Hinsicht anstößig. Aufsässig in ihrer Form unterlaufen sowohl Clubbed To Death von Yolande Zauberman als auch Baby I Will Make You Sweat von Birgit Hein die Anforderungen einer marktorientierten Filmsprache und Erzählweise. Auf diesem Wege treffen sie sich in der Ablehnung klassischen Hollywoodkinos, das ein Grundthema feministischer Auseinandersetzungen mit Film ist. Denn in vielen Produktionen geraten dargestellte Frauen zum begehrten Bild, ohne handlungsmächtig zu sein: Sie sind Objekte, erlangen erst durch den Blick männlicher Protagonisten ihre Bedeutung.

Clubbed To Death arbeitet dabei in eigenwilliger Weise an einer Zerstörung klassischer Liebeserzählungen. Das sollte aber kein Anlass zur Trauer sein, denn dafür gelingt es der Kamera besonders gut, Atmosphäre und Stimmungen einzufangen. Angesiedelt in einem Techno-Club in den Banlieues von Paris, werden Beziehungen zwischen drei ProtagonistInnen geschildert. Emir und Saäda sind ein Paar, bei dem es nicht mehr funkt. Und Lola zerbricht die Zweisamkeit. So weit der klassische Dreier. Am Ende steht jedoch keineswegs die funktionale Einheit des neuen Paares, das sich märchenhaft problemlos zu den Sternen aufschwingt. Denn in eigentümlicher Weise fehlt in dieser Geschichte der Drache, die Gefahr, das Hindernis, das zu durchschreiten wäre. Eine Beziehung aufzugeben, weil sie nicht mehr funktioniert, ist in diesem Film nur ein logischer Schritt, der nicht mit moralischen Zwangsgebärdeneinhergeht. Und die verlassene Saäda wird von der Erzählung nicht fallen gelassen, sondern weiterhin liebevoll begleitet. Währenddessen erobert sich die Kamera einen Ort der Beschreibung, der sich dem Geheimnis der Anziehung zwischen Lola und Emir widmet, ohne beide der Idealisierung preiszugeben.

Anzubieten hat der Film eine Erkundung von kleinen Gesten, Umgebungen, Licht und Schatten und nicht zuletzt der Wirkung seiner Techno-und Housemusik.

Baby I Will Make You Sweat wiederum funktioniert nicht durch die Umarbeitung von Erzählweisen, sondern durch sein Thema feminis-tisch. Sehr gradlinig geht es in diesem Dokumentarfilm um weibliches Begehren. Entlang eines Videotagebuchs dokumentiert Birgit Hein mehrere Besuche auf Jamaika, die sie unternimmt, um ihrem alternden Körper Sex zuzuführen. Sie vermeint, dass die Männerwelt dort ein direkt sexuelles Verhältnis zu Frauen jedwegigen Alters habe. Genau in dieser exotistischen Zuschreibung liegt aber auch die unglaubliche Naivität des Films. Denn auf den Gedanken, dass es sich bei den sexuellen Kontakten möglicherweise um ökonomische Zwangsverhältnisse handelt, kommt Hein nie. Dabei ist die Möglichkeit, dass ihre Partner männliche Prostituierte sind, die sich durch die „Begleitung“ allein reisender Frauen ihren Lebensunterhalt sichern, durchaus naheliegend. Der sexuelle Befreiungsschlag von Hein zielt an einer Reflektion von kom-plexen Machtverhältnissen vorbei, die im feministischen Sinn durchaus mitzubedenken sind. Denn Hein mag zwar ein Opfer von Desexualisierung sein, ein Opfer der neuen Weltordnung ist sie mit Sicherheit nicht. Doro Wiese

Clubbed to Death: heute, 19.15 Uhr; Baby I Will Make You Sweat: morgen, 19.15 Uhr, Metropolis