Opposition punktet

Beim Rennen um den Posten des Vizepräsidenten in Paraguay liegt der Kandidat der Liberalen Partei vorn

BUENOS AIRES taz ■ Mit hauchdünnem Vorsprung hat sich der Oppositionskandidat Julio César Franco von der Liberalen Partei zum Gewinner der Wahlen für das Amt des Vizepräsidenten in Paraguay erklärt. Nach Auszählung von 90 Prozent der Stimmen erhielt Franco 47,77 Prozent. Auf den Kandidaten der regierenden Colorado-Partei, Félix Argaña, entfielen 46,93 Prozent. Mit dem offiziellen Endergebnis wird diese Woche gerechnet.

Bestätigt sich die Hochrechnung, würde Paraguay seinem Ruf als Operettenstaat alle Ehre machen. Mit Franco würde ein Oppositionspolitiker als Vizepräsident in den Regierungspalast einziehen. Und im Gegensatz zu Präsident Luis González Macchi wäre Franco demokratisch legitimiert. Macchi wurde vom Obersten Gerichtshof ins Amt gehoben, nachdem vor anderthalb Jahren der damalige Vizepräsident, Luis Maria Argaña, Vater des Kandidaten Félix Argaña, ermordet wurde. Der damalige Präsident Raúl Cubas floh ins Ausland. Die Stelle des Vizepräsidenten blieb unbesetzt.

Es ist zu erwarten, dass Franco als Vizepräsident Macchi aus dem Amt zu drängen versucht. Macchi genießt nirgends großes Ansehen. Laut Gerichtsentscheidung ist er bis 2003 im Amt. Wichtig bei den Wahlen war daher weniger der Posten als der Effekt, den das Ergebnis haben würde. Franco wird versuchen, das Ende der Herrschaft der Colorado-Partei einzuläuten.

Unsichtbar, aber nicht ohne Einfluss war der Putschgeneral Lino Oviedo bei den Wahlen. Er gilt als Drahtzieher des Attentats auf Argaña. Vor einigen Monaten wurde er in Brasilien festgenommen, Paraguay hat seine Auslieferung beantragt. Seine Anhänger hat Oviedo dazu aufgerufen, Franco bei den Wahlen zu unterstützen. Der Vorsitzende der Colorado-Partei hatte gewarnt, dass ein Wahlsieg Francos einen Bürgerkrieg zur Folge hätte, weil er Franco unterstellt, Oviedo amnestieren zu wollen.

Jedoch blieb es friedlich. Wohl auch deshalb, weil fast die Hälfte der Paraguayer zu Hause blieb. Mehrere Organisationen riefen zum Wahlboykott auf, da keiner der Kandidaten eine wählbare Alternative darstellt. Die Wahlbeteiligung lag bei 51 Prozent.

Paraguay steckt in einer Dauerkrise. Das Land zählt laut einer UNO-Statistik zu den korruptesten Staaten der Welt. Das Haushaltsdefizit wird für das laufende Jahr auf 308 Millionen Dollar geschätzt. Jeden Monat steckt die Zentralbank 40 Millionen Dollar in die Stützung der Landeswährung. Im ersten Halbjahr dieses Jahres lag die Inflation bei 5,5 Prozent. Nach Angaben der Industriellen-Union gehen dem Fiskus über 400 Millionen Dollar jährlich wegen Steuerhinterziehung verloren. INGO MALCHER