Eingekeilt zwischen Parteifreunden

Der „Kanzler der Einheit“, Helmut Kohl, ist nicht als Redner zur Einheitsfeier am 3. Oktober eingeladen, deshalb drohen einige CSU- und CDU-Politiker mit Boykott. Die CDU-Führung muss es nun Kohl-Kritikern wie -Verehrern recht machen – vergeblich

von PATRIK SCHWARZ

Ruprecht Polenz hat sich seinen Auftritt wohl ein wenig anders vorgestellt. Flott wie ein McKinsey-Manager präsentierte der CDU-Generalsekretär Overhead-Folien mit Diagrammen zur großen Parteireform, die die Christdemokraten ab Herbst vorlegen wollen. Doch bei der gestrigen Pressekonferenz in Berlin interessierte sich kaum ein Teilnehmer für die „Beteiligungsoffensive 21“, mit der Polenz der CDU neue Wähler erschließen will. Stattdessen musste er sich abstrampeln, das CDU-interne Chaos um Helmut Kohls Rolle beim Tag der Deutschen Einheit in den Griff zu bekommen.

Was tun am 3. Oktober in Dresden, wo Kohl beim Staatsakt nicht reden darf? Seit dem Wochenende fällt der Parteiführung um Merkel und Polenz eine Antwort besonders schwer: Mit dem Gastgeber Kurt Biedenkopf sorgt ein CDU-Politiker dafür, dass Kohl keinen Platz auf der Rednerliste findet, gleichzeitig setzten sich am Sonntag zwei prominente Unionspolitiker an die Spitze der Kohl-Rächer. Der stellvertretende CDU-Chef Volker Rühe sowie der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Michael Glos, drohten, einen Festakt ohne Kohl zu boykottieren.

Eingekeilt zwischen den Positionen gewichtigerer Parteifreunde, sah sich Polenz zum Eiern veranlasst. „Die CDU ist nicht Veranstalter des offiziellen Staatsakts“, wehrte er sich gegen Fragen nach einer offiziellen Unterstützung für einen Boykott. „Adressat für Änderungswünsche ist eindeutig der Bundesratspräsident“, also turnusgemäß Kurt Biedenkopf.

Der dann überraschend präsentierte Plan, kurzerhand eine parteieigene Einheitsfeier anzuberaumen, soll denselben Zweck erfüllen wie Polenz' Auftritt: Die junge CDU-Spitze will es Kohl-Kritikern wie -Verehrern gleichermaßen recht machen. Die CDU sei die Partei der Einheit, erklärte Polenz zu Fragen, ob nicht die Zahl der Feiern überhand nehme. Das Feiern und Erinnern der Wiedervereinigung werde man nicht Rot-Grün überlassen. Mit Stand von gestern sind vier große Veranstaltungen geplant, an der CDU-Politiker teilnehmen: neben dem jetzt angekündigten Event der Staatsakt am 3. Oktober, bei der Ex-DDR-Ministerpräsident de Maizière (CDU) spricht, eine Feier der sächsischen CDU am Tag davor, bei der Kohl auftreten soll, sowie am 27. September eine Veranstaltung der Adenauer-Stiftung mit Merkel und Kohl als Rednern.

Doch oh weh: Am späten Nachmittag ließ der „Kanzler der Einheit“ mitteilen, dass er nicht nur dem offiziellen Staatsakt fernbleiben wolle, sondern auch „an keiner weiteren öffentlichen Versammlung zum zehnten Jahrestag der deutschen Einheit mitwirken“ wolle. Nur bei der Veranstaltung der Adenauer-Stiftung will Kohl teilnehmen. Damit bleibt wohl nach dem Einheits-Staatsakt auch der CDU-Kohlakt am 3. 10. kohlfrei.

Offiziell wird das CDU-Präsidium am nächsten Montag über das Zusatzfest entscheiden – wenn es nun noch etwas zu entscheiden gibt.