Neonazi fürs Netz geschult

Der Neonazi Oliver Schweigert wird derzeit zum IT-Systemelektroniker fortgebildet. Er wurde1992 wegen Verbreitung von NS-Propaganda verurteilt. Den Lehrgang finanziert das Arbeitsamt

von PHILIPP GESSLER

Immer dichter vernetzt sich die rechtsradikale Szene im Internet – und mit Steuergeldern wird ein führender Neonazi Deutschlands in Sachen Computernetzwerke und Internet fortgebildet: Der bekannte Rechtsradikale Oliver Schweigert aus Berlin erhält bei einer Fortbildungsinstitution in Neukölln eine Umschulung zum „IT-Systemelektroniker“. Finanziert wird die zweijährige Ausbildung durch das Arbeitsamt Berlin-Nord.

Schweigert wurde bereits wegen Verbreitung von NS-Propaganda verurteilt. Erst gestern ist er erneut damit gescheitert, in der Hauptstadt einen Gedenkmarsch für den Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß zu organisieren (siehe unten).

Nach grober Schätzung des Geschäftsführers der Fortbildungseinrichtung gibt die Bundesrepublik für den rechten Staatsfeind in zwei Jahren über 90.000 Mark aus: Pro Monat erhalte seine Institution für jeden Umschüler 800 Mark. Hinzu kämen monatlich ungefähr 3.000 Mark, die das Arbeitsamt an Unterhalt für Schweigert sowie für seine Sozialabgaben wie etwa Kranken- und Rentenversicherung aufbringe. Der Geschäftsführer der Lehrinstitution bestätigte eine Information des „Antifaschistischen Pressearchivs und Bildungszentrums Berlin“, wonach Schweigert diese Ausbildung im August vergangenen Jahres begonnen hat. Der Lehrgang soll im Juli 2001 mit einer Prüfung bei der Industrie- und Handelskammer enden.

Der Geschäftsführer der Neuköllner Lehreinrichtung betont, dass seine Institution nicht gewusst habe, wenn man da ausbilde. Erst im Frühling dieses Jahres habe man davon Wind bekommen, als Beamte des Staatsschutzes Schweigert in der Schule besucht hätten. Danach hätten sie der Schulleitung gesagt, dass hier „einer der führenden deutschen Rechtsradikalen“ sitze.

Die Berliner Polizei bestätigt den Besuch des Staatsschutzes in der Schule und Schweigerts Vernehmung, konnte aber nicht sagen, worum es ging. Dass Schweigert diese Ausbildung mache, betreffe nur seine „Privatsphäre“: „Wir halten uns da raus.“

Schweigert sei bisher in keiner Weise in dem Lehrgang, in dem auch Mitschüler nichtdeutscher Herkunft säßen, aufgefallen, betont der Geschäftsführer der Schule. Er verweist darauf, dass jeder sonst nicht mehr vermittelbare Arbeitslose fast so etwas wie einen „Rechtsanspruch auf eine Umschulung“ besitze. Seine Institution stelle nur die Ausbildungskapazität zur Verfügung. Die Ausbildungsvereinbarung werde zwischen Schüler und Arbeitsamt geschlossen.

Das Arbeitsamt Berlin-Nord hebt hervor, dass Maßnahmen der beruflichen Bildung „Ermessensleistungen“ seien, auf die es keinen Rechtsanspruch gebe. Zwischen dem Schulungsunternehmen und dem Schüler werde im Auftrag der Arbeitsverwaltung ein „Qualifizierungsvertrag“ abgeschlossen: „Insoweit hat der Schulungsträger sehr wohl die Möglichkeit der Einflussnahme.“ Aber: „Kein Arbeitsloser ist verpflichtet, bei Inanspruchnahme des Dienstleistungsangebots der Arbeitsverwaltung seine politische Gesinnung offen zu legen.“