Mental sitzt Kabila im Bunker

Mit allen Mitteln blockiert Kongos Präsident die geplante UN-Friedensmission

KINSHASA taz ■ Die regierungsnahe Tageszeitung L’Avenir ist erregt: „Drei neue Elemente“ der UN-Mission Monuc seien ins Land gekommen, meldet sie. Namen, Geburtsdaten und Funktionen der drei werden genannt. Sie kämen direkt aus den USA, und da man wisse, wie die „Yankees“ arbeiteten, hätten sie sicher die Aufgabe, die Regierung auszuspionieren.

Kongos Präsident Laurent Kabila will eine mögliche Stationierung von 500 UN-Militärbeobachtern und 5.000 Blauhelmen zur Überwachung eines Waffenstillstands in der Demokratischen Republik verhindern. Demonstranten belagern den Sitz der Monuc in der kongolesischen Hauptstadt und bewerfen ihn mit Steinen; L’Avenir enttarnt fast täglich „Tutsi-Spione“ und hat den UNO-Mitarbeitern vorgeworfen, sie seien gekommen, um kongolesische Frauen zu verführen. Hochrangige UNO-Mitarbeiter, die mit Kabila verhandeln, versichern, dass der Präsident ernsthaft glaube, die Monuc wolle ihn stürzen und eventuell umbringen – so wie Patrice Lumumba, erster kongolesischer Ministerpräsident nach der Unabhängigkeit und 1961 trotz Präsenz einer UN-Blauhelmtruppe ermordet.

Diese Bunkermentalität allein reicht jedoch nicht, um Kabilas Blockade der UNO zu erklären. Dem kongolesischen Präsidenten geht es vor allem darum, den Waffenstillstandsvertrag von Lusaka zu beerdigen, der im Juli 1999 zwischen Rebellen und Regierung im Kongo sowie ihren ausländischen Verbündeten geschlossen und bisher nicht umgesetzt wurde. Der Vertrag sieht einen politischen Dialog zwischen den Kriegsparteien und der zivilen Opposition des Kongo vor, außerdem eine Kontrolle des Waffenstillstandes durch die UNO. Dementsprechend beschloss der UN-Sicherheitsrat im Februar, 5.000 Blauhelme zum Schutz von 500 Beobachtern in den Kongo zu entsenden. Der Beschluss wurde aber nicht umgesetzt, und Ende Juli sagte die Regierung, dass sie keine bewaffneten UNO-Truppen auf ihrem Territorium dulden werde.

Am 31. August läuft das Monuc-Mandat ab, und der Sicherheitsrat muss vorher über die Zukunft der Mission entscheiden. Deshalb hatte die internationale Gemeinschaft Druck auf die Kriegsparteien ausgeübt, sich diese Woche in Lusaka zusammenzusetzen, und verlangte von der Regierung Kabila, die drei Kriterien für die Stationierung von Blauhelmen zu garantieren: ein Ende der Kämpfe, Bewegungsfreiheit für das UN-Personal und Sicherheit der Blauhelme. Der Gipfel von Lusaka scheiterte an Kabilas Weigerung, dies zu akzeptieren. Nun denken sogar seine ausländischen Verbündeten über Sanktionen nach.

„Kabila war, als er 1999 in Lusaka unterschrieben hat, in einer militärisch schwachen Position und konnte durch die Waffenruhe Zeit gewinnen. Nun hat er aufgerüstet und seine Truppen umgruppiert“, sagt ein Monuc-Mitarbeiter, der nicht namentlich genannt werden will. „Die UNO ist eine schwerfällige Organisation. Nach dem Beschluss des Sicherheitsrates im Februar wurde es Juli, bis die ersten konkreten Stationierungen anstanden. Seitdem lässt Kabila kein gutes Wort an der UNO.“

Doch auch ohne Vorbehalte der Kriegsparteien ist die Monuc-Mission ehrgeizig. Vorgesehen war, dass sich die verfeindeten Armeen jeweils 15 Kilometer – die Reichweite moderner Artillerie – von der Waffenstillstandslinie zurückziehen, um einen Korridor für die UNO zu schaffen. Doch diese Linie zieht sich über 2.000 Kilometer lang durch den Kongo und verläuft in weiten Teilen durch dichten Regenwald. So wäre allein der logistische Aufwand enorm. Der Kongo ist fast siebenmal so groß wie Deutschland. PETER BÖHM