Hoffnung sinkt tiefer

Rettungsversuche für russisches Atom-U-Boot bisher gescheitert. Schlechtes Wetter bleibt. Britische Hilfe kommt erst am Samstag im Nordmeer an

BERLIN/OSLO/MOSKAU taz/dpa/afp Die Rettung der russischen Matrosen an Bord des gesunkenen Atom-U-Bootes „Kursk“ wird immer unwahrscheinlicher. Die russische Marine ist gestern mit mehreren Versuchen gescheitert, die 116 Mann Besatzung zu retten. In der stürmische See wäre dabei fast eine der Rettungskapseln verloren gegangen. Seit dem Morgen konnten keine Klopfzeichen mehr von den gefangenen Soldaten aufgefangen werden – entweder weil sie zu schwach waren, oder weil die Rettungsflotte die Geräusche übertönte. Die „Kursk“ liegt seit Samstag auf dem Grund der Barentssee nördlich von Norwegen in 108 Meter Tiefe.

Das 155 Meter lange Boot war nach einer Explosion, wahrscheinlich an einem vorderen Torpedorohr, gesunken. Es ist eines der modernsten der russischen Atomflotte und liegt auf die Seite gekippt am Meeresgrund. Die beiden Atomreaktoren an Bord sind notabgeschaltet, sämtliche Stromaggregate und damit auch das Funkgerät anscheinend ausgefallen. Ein Sturm an der Oberfläche wirbelt das Wasser und damit Sandschlieren bis in diese Tiefe auf, die Sicht beträgt nach Aussagen der russischen Rettungscrews nur zwei Meter.

Die russische Marine hatte versucht, zunächst zwei ferngesteuerte, dann eine bemannte Kapsel an einer Ausstiegsluke der „Kursk“ anzudocken. Sie waren jedoch abgedriftet oder am Rumpf abgerutscht.

Das britische Rettungs-U-Boot „LR 5“ ist nun möglicherweise die letzte Hoffnung für die Seeleute. Nachdem sich die russische Marine zunächst geweigert hatte, ausländische Schiffe an die „Kursk“ heranzulassen, nahm Moskau gestern anscheinend das Angebot der britischen Regierung an: Die LR 5 kann 500 Meter tief tauchen und an jedes U-Boot andocken, das mit einer der international normierten Rettungsöffnungen versehen ist. Ob die „Kursk“ über eine solche Anschlussstelle verfügt, war gestern noch unklar. Die „LR 5“ wird von zwei Piloten gesteuert und wegen ihrer großen Manövrierfähigkeit auch als „Unterwasserhubschrauber“ bezeichnet. Das Rettungs-U-Boot kann bei jedem Tauchgang 16 Menschen mitnehmen.

Das Problem: Die LR 5 wird wohl frühestens am Samstag am Unglücksort sein. Sie wird von den Russen zwar zum norwegischen Flughafen Värnes bei Trondheim geflogen. Von dort aus braucht sie jedoch mit dem Spezialschiff „Norman Pioneer“ samt Steuerungselektronik zweieinhalb Tage bis zur „Kursk“. Laut einem Marinesprecher reicht die Luft nur bis Freitag. Laut dem obersten Flottenchef Wladimir Kurojedow gibt es Sauerstoffreserven bis zum 25. August – wenn die Notsysteme überhaupt funktionieren.

Die allerletzte Möglichkeit sei laut dem Marinesprecher, den 25.000 Tonnen schweren Rumpf der „Kursk“ mit schwimmenden Pontons und Seilen anzuheben. Ab einer Tiefe von 30 bis 50 Metern hätten dann Taucher Zugang. In der jetzigen Tiefe ist der Druck für Taucher zu groß. REM