Mami, wo kommen die Glatzen her?

Auch in den Kindernachrichten ist Rechtsextremismus ein Schwerpunktthema. Leider ist es nicht immer leicht zu vermitteln, warum erwachsene Menschen sich die Haare abschneiden und Ausländer überfallen

Rechtsextremismus und Neonazis sind das Thema dieses Sommers. Sondersendungen und Polit-Talkshows bemühen sich, das Thema aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln zu betrachten.

Nachrichtensendungen wie „logo“ auf dem Kinderkanal und „Schau mal“ vom Bayrischen Rundfunk versuchen die Problematik auch Kindern näher zubringen und sie für das Thema zu sensibilisieren. Aber wie soll man einem Kind erklären, was ein Neonazi oder ein Skinhead ist? Hier stößt man schon bei so manchem Erwachsenen auf Kompetenzschwächen.

Nachrichten aus Politik und Wirtschaft sind kompliziert und schwer zu verstehen. Besonders wenn der Hintergrund fehlt und ganz besonders, wenn man Kind ist. Kindernachrichten müssen sich also bemühen, das Unverständliche wenigstens ein wenig verständlicher zu machen. „Kinder schauen anders fern als Erwachsene“, sagt der Medienpädagoge Hartmut Warkus von der Universität Leipzig. „Sie projizieren alles, was sie im Fernsehen sehen, auf selbst Erlebtes.“

Hier liegt das Hauptproblem der Kindernachrichten: Sie können den Kindern das Thema Rechtsradikalismus nicht so recht verständlich machen, weil ihren Zuschauern oft der Hintergrund fehlt. „Die Resonanz der Kinder ist sehr unterschiedlich“, meint auch Meike Wendt vom Kinderkanal. „Die meisten verstehen nicht, warum man Neonazis nicht einfach einsperren kann.“

Auch Warkus meint, hier reiche das Fernsehen natürlich nicht aus. Aufklärung über dieses Thema müsse schon in der Familie anfangen. „Den Kindern muss die Entstehung von Begriffen erklärt werden. Also: Was bedeutet ‚rechts‘?“.

Darüber, dass man ein komplexes Thema nicht in zwei Minuten abhandeln kann, ist man sich bei „logo“ durchaus im Klaren. Die Redaktion sieht ihre Sendung als Ergänzung und als Anregung. „Die Kinder sollen zum Nachdenken gebracht werden und nach der Sendung mit ihren Eltern über das Thema reden“,erläutert Meike Wendt. Für schwierige Themen gibt es bei „logo“ die sogenannten Erklärstücke. Hier wird versucht, die Wortwahl der Kinder zu treffen und anhand von Bildfolgen die Nachricht verständlich zu machen.

Allerdings sollte man mit der Verwendung von Bildern vorsichtig sein. Warkus: „Fotos von Gewalttaten und Unfällen überfordern und ängstigen die Kinder.“ Dennoch wird anhand dieser Erklärstücke sensibel der aktuelle Hintergrund zu komplexen Themen erklärt. Auf Fremdwörter wird dabei verzichtet, und Grafiken machen den kleinen Zuschauern selbst Begriffe wie „Versammlungsfreiheit“ verständlich. Aus diesem Grund schauen auch viele Erwachsene und ältere Menschen „logo“. So können unauffällig Wissenslücken geschlossen werden.

Durch vereinfachte Darstellungen solcher Themen kommt es allerdings auch zu Problemen. Das hat die „logo“-Redaktion bereits erkannt: „Die Gefahr besteht, dass Kinder ausschließlich Skinheads als Neonazis identifizieren, ihnen aber nicht wirklich klar ist, was einen solchen ausmacht.“ PHILIPP DUDEK