Der Zahlenkommentator

Klaus-Dieter Scheurle, der Chef der Telefon-Regulierungsbehörde, machte die TV-Nation glücklich

Drei Wochen lang hatte er den derzeit wahrscheinlich angenehmsten Job überhaupt. Während die Bieter bei der Versteigerung der UMTS-Lizenzen schwitzten, lehnte sich Klaus-Dieter Scheurle gelassen zurück und beobachtete. Und damit machte er mehr Geld als alle Leser dieser Zeitung in ihrem Arbeitsleben zusammen: Stolze 98.800.000.000 Deutsche Mark – 98,8 Milliarden.

Schon während der Verhandlungen war der 45-Jährige ein Star der deutschen Medienlandschaft geworden. „Ein Interview? Ja, gerne“, sagte Scheurle täglich mehrmals. Zwar wirkte er vor der Kamera etwa so sperrig-beamtisch wie der Name seiner „Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post“. Das aber war in seinem Fall egal: Dafür waren die Zahlen, die er seit Auktionsbeginn am 31. Juli kommentierte, zu atemberaubend.

Zudem hatte Scheurle schnell gelernt: Begann der gebürtige Stuttgarter seine Sätze zum Beginn seiner Behördenarbeit Anfang 1998 noch mit „Nach Paragraph 12 TKG . . .“ – die Auktion kommentierte er mit nur noch leicht schwäbischem Anklang: „Es bleibt spannend!“ oder „Das war ein harter Arbeitstag für die Bieter“. Die TV-Nation war wunschlos glücklich.

Gegen erhebliche Widerstände hatte der damals scheidende Bundespostminister Wolfgang Bötsch seinen persönlichen Referenten Scheurle vor zwei Jahren an die Spitze der Telekommunikations-Aufsichtsbehörde gesetzt. Politik und Industrie lehnten Scheurle damals als „eher ungeeignet“ ab. Umso erstaunter waren alle über die bissige Profilierung des Juristen. Immer wieder warfen ihm die Telekomkonzerne vor, das Telekommunikationsgesetz – an dessen Erarbeitung Scheurle maßgeblich beteiligt war – als Folterinstrument zu nutzen.

Auch gegen Einmischung von Bundeswirtschaftsminister Werner Müller hat sich der zweifache Familienvater zu wehren gelernt. Und seit Scheurles Job Finanzminister Hans Eichel eine nie erwartete Geldschwemme in die leere Kasse spülte, war der SPD sogar das falsche Parteibuch egal: Scheurle war 1998 von der CDU zur CSU gewechselt.

Im Auktionskrimi hat Scheurle glänzend Regie geführt. Bereits zu Wochenanfang senkte seine Behörde die Auktionsschritte. Wer die Konkurrenz überbieten wollte, musste statt zehn fortan nur noch fünf Prozent mehr bieten. Gestern ging der Auktionator noch mal runter: Jetzt musste der Interessent nur noch zwei Prozent mehr bieten – geschickt versuchte Scheurle den Milliardenkrimi um ein paar Kapitel anzureichern. Der Hammer fiel gegen 16 Uhr. NICK REIMER