Auch Bremens City wird erwachsen

■ Neue Geschäfte für eine Großstadt-Innenstadt: Geschäfte und Gastronomie im alten Telekom-Gebäude sollen Fußgänger zukünftig an die Schlachte locken und so City und Fluss verbinden

Zufrieden sind sie nicht, die Stadtplaner, mit der Bremer City. Für eine Halb-Millionen-Stadt sind die beiden Einkaufsmeilen Söge- und Obernstraße viel zu klein, findet Detlef Kniemeyer, Leiter des Bremer Planungsamts (siehe Interview unten). Das Ende der „Mini-Innenstadt“ ist aber bereits in Sicht. In Zukunft soll frischer Einzelhandel in den Altbestand der Stadt ziehen, und den 70er Jahre-Schick der dominierenden Kaufhäuser ein wenig aufmischen. Im Angebot: Wertpapierbörse, Börsenhof, Polizeihaus und das Telekom-Gebäude.

Gut saniert könnten die alten Top-adressen wieder zum Publikumsmagneten werden, hofft auch Wolfgang Brakhane vom Einzelhandelsverband Nordsee, der schon lange von einer „großflächigeren Innenstadt“ träumt. „Bislang hat sich die Stadt viel zu sehr auf Söge- und Obernstraße kapriziert.“ Allerdings dürften die Stadtplaner jetzt nicht die Obernstraße links liegen lassen, stellt Innenstadt-Makler Justus Wohltmann klar: Die breite, zugige Straße könne einen etwas „intimeren Touch“ mit mehr Bäumen, Büschen und Cafés gut gebrauchen.

Aber wieviel Konkurrenz vertragen die Einzelhändler in der Fußgängerzone, wenn vier neue Passagen um die Kaufkraft buhlen? fragt zum Beispiel Wilfried Turk, Chef der Architektenkammer. Die immer gleichen Filialisten wären zuwenig – „mit Bockwurst und Kajenmarkt allein funktioniert das nicht“. Unliebsame Konkurrenz fürchtet der Vertreter der Einzelhändler Brakhane dagegen nicht. Die Kaufkraft in Bremen sei noch lange nicht gedeckelt. Und die Geschäfte profitierten allesamt von einem größeren Angebot, das letztlich auch auf mehr geldverschwendende Touristen hoffen ließe.

Aus stadtplanerischer Sicht gilt besonders das Ex-Telekom-Gebäude als „Schlüsselgrundstück“. Einzelhandel und Gastronomie sollen ab 2002 das „tote Gelände zwischen Marktplatz und Schlachte aufwerten“, meint Thomas Diehl, Sprecher des Haus-Eigentümers, der Bremer Investitionsgesellschaft (BIG). Statt im Zickzack um die alten Häuserwände irgendwie den Weg zur Weserpromenade zu finden, soll das Telekom-Gebäude den gemeinen Touristen schon mal in die richtige Richtung ziehen. Und ihnen nebenbei noch ausgiebig Gelegenheiten bieten, auf gut 2.000 Quadratmetern einen Teil ihres Geld für Cappuccino und Edel-Schnickschnack zu hinterlassen.

Dafür wird das Telekom-Gebäude derzeit komplett entkernt. Ein Monumentalbau, 79 Jahre alt, Typ: Norddeutsches Kontorhaus mit einem Rundbogen und einem Arkaden-Giebel im italienischen Renaissance-Stil, sowie der seltenen Eigenart, an drei Straßen gleichzeitig zu grenzen. Unter den Arkaden sieht die BIG bereits ein nettes Café einziehen, das die Leute vom Markplatz anlocken könnte. Drinnen werden drei Lichthöfe gerade schick und passend aufgewertet. In den oberen Geschossen will der Hausherr, die BIG, mit sämtlichen Tochter-Gesellschaften selbst einziehen. Bislang arbeiteten die über 120 Beschäftigen an sechs Standorten in der Stadt verteilt.

Knapp zehn Millionen Mark hat die BIG vergangenes Jahr für den Altbau auf den Tisch gelegt. Um die Ausgaben zu refinanzieren wird ein Drittel des Hauses, das das Möbelhaus Thäte beherbergt, an Immobilienmakler Justus Grosse verkauft. Rund 32 Millionen Mark kostet aber allein der Mammut-Umbau samt Entsorgung der asbesthaltigen Innenverkleidung. Zwölf Millionen Mark davon kommen von der Stadt aufs Umbau-Konto. Damit soll das Halbrund aus Backstein ein zusätzliches Portal bekommen und die Fenster werden bis auf die Straße heruntergezogen, um mehr Leute und Blicke anzuziehen. In zwei Jahren soll schließlich der Meilentein für die Belebung des Schlachte-Weges schick und fix und fertig sein.

pipe