Blumen zum ersten Arbeitstag

Viele Firmen suchen ihr Personal gleich über die eigene Homepage. Laut einer Studie der TU Berlin stellen sie sich dabei nicht besonders geschickt an. Die elektronischen Briefkästen werden oft nicht geleert. Was taugt die Online-Bewerbung?

von MARTIN KALUZA

Kennen Sie das auch? Sie schauen sich ins Gesicht und mögen sich nicht wieder erkennen. Die Delle über dem Auge sieht aus, als hätte Ihnen jemand eins mit einem rostigen Eisenrohr übergezogen. Das sind Sie nicht. Das war einmal Ihr Passbild. Sie haben es gerade mit der Absage auf eine Bewerbung zurückbekommen, natürlich mit der obligatorischen Büroklammer, die sich jetzt in ihre eigentlich noch ganz zarten Züge gegraben hat.

Der Rest der Unterlagen sieht nicht viel besser aus: Ihr Lebenslauf ist abgegrabbelt, und die einstmals glatten Zeugniskopien sind mittig gefalzt. Ablage P. Könnte man nicht eine Menge Papier sparen und das alles per E-Mail regeln?

Zumindest bei größeren Unternehmen, die ständig Bedarf an neuen Mitarbeitern haben, ist das in der Regel schon möglich. „Am häufigsten finden sie Eingabemasken, über die einige Daten abgefragt werden, und die Unternehmen melden sich dann bei Interesse“, weiß Robert Knack, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Marketing I der TU Berlin. Zum Teil könnten Jobsuchende auch schon komplette Bewerbungsmappen als E-Mail-Anlagen verschicken.

Ob das Ganze funktioniert und was potenziellen Bewerbern der Blick auf die Homepage bringt, hat der Lehrstuhl gerade im Auftrag der Welt untersucht. Die meisten der 118 in Deutschland begutachteten Unternehmen (unter ihnen die 100 größten) machten dabei keine besonders gute Figur. Zwar hätten viele Homepages ihre Stärken, doch „die nach unseren Vorstellungen ideale Homepage gibt es nicht“, fasst Knack zusammen.

Am besten schnitt noch die der Dresdner Bank ab, Note zwei plus. Sich einmal durch die Job- und Karriereseiten von Banken, Unternehmensberatern und Konzernen durchzuklicken, kann dabei ganz unterhaltsam sein. Der Otto-Versand erklärt dem Kandidaten erst einmal, was er schon bei der Bewerbung vergeigen kann, und hilft ihm auf die Sprünge. Unerlässlich sei es, „jedes einzelne Anschreiben so zu gestalten, dass der Personalverantwortliche den Eindruck hat, Sie hätten nur eine einzige Bewerbung an Ihr absolutes Wunschunternehmen gesandt.“ Also zum Beispiel an Otto. Ein paar Klicks weiter erfährt der Kandidat, das ihm am ersten Arbeitstag Blumen winken. Ein Online-Bewerbungsformular liegt auch bereit – darüber, ob die darin abgefragten Daten auch sicher übermittelt werden, findet sich allerdings kein Wort.

Der Studie zufolge verschlüsseln gerade mal fünf Prozent der Unternehmen (vor allem Versicherungen) die Daten in einem System, das von Netscape oder Microsoft Explorer genutzt werden kann. Wer die angegebenen Kontaktadressen nutzen und mal kurz per Mail etwas nachfragen will, wartet zudem oft vergeblich. Auf die Frage, wann das Unternehmen demnächst auf Messen oder Recruitment-Veranstaltungen vertreten sei, bekamen die Marketingforscher in einem Drittel der Fälle auch keine Antwort. Als sie wissen wollten, ob man sich initiativ bewerben könne, blieb der Datenkosmos gar in 75 Prozent der Fälle stumm.

Der Rücklauf auf Vorbewerbungen über die Eingabemasken wurde nicht untersucht. Auch auf der Homepage selbst, so die Studie, seien die Informationen, die man als Jobsuchender gern hätte, eher dünn gesät. Bei konkreten Stellenausschreibungen war oft nicht vermerkt, ob sie überhaupt noch aktuell sind. Ob Praktikant, Azubi oder Trainee: Nur selten wird beschrieben, wie die Ausbildung aufgebaut ist. Viele Firmen – besonders die sonst eher vorlauten Unternehmensberater – tun sich zudem schwer, wenn um die Veröffentlichung von Zahlen geht: sei es der Geschäftsbericht (so was soll manche Kandidaten wirklich interessieren), sei es das Salär.

Bei der Consulting-Firma Bain erfährt der Bewerber immerhin: „Wie man Kapitalist wird. Eine kurze Geschichte Ihrer Zukunft.“ Anstatt dass die durchschnittliche monatliche Kontobefüllung auch nur andeutungsweise beziffert wird, steht dort ironisch gemeintes Geschwafel über Jachten, Rolls-Royce und Porzellanleoparden im Vorzimmer.