„Die besten Chancen hat, wer schon im Markt drin ist“

Georg Erber, Technologie-Experte beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, zur Zukunft des Mobilfunkmarkts nach der Versteigerung der UMTS-Lizenzen

taz: Herr Erber, mit wem möchten sie jetzt lieber tauschen, mit Hans Eichel oder mit Telekom-Chef Ron Sommer?

Ach, ich fühl mich in meiner eigenen Haut sehr wohl ... Eichel hat das Problem, die Begehrlichkeiten verschiedenster Gruppen im Zaume zu halten, damit er sein Ziel, diese rund 100 Milliarden für die Tilgung der Bundesschulden einzusetzen, auch realisieren kann. Ron Sommer wird sich überlegen müssen, wie die zukünftige UMTS-Strategie gestaltet werden kann, damit sich die T-Mobil weiterhin behaupten kann.

Dann biete ich Ihnen noch eine dritte Haut an: Wie wär’s mit einem der großen Bankenchefs? Die haben doch wirklich Grund zur Freude.

Ja, aber nur dann, wenn sie sicher sein können, dass die Kredite, die sie den Mobilfunk-Firmen geben müssen, auch ordentlich und sicher getilgt werden.

Glauben Sie, dass die Unternehmen bestimmte Sparten abstoßen, um flüssig zu bleiben?

Das geht nur bei den Unternehmen, die eine hohe diversifizierte Struktur haben. Die Deutsche Telekom hat ja schon im Vorfeld Schritte unternommen, um sich von Immobilien rascher als geplant zu trennen. Sie hat auch angekündigt, sich in Italien nicht an der Auktion der UMTS-Lizenzen beteiligen zu wollen.

Wird es Entlassungen geben?

Im Zuge von Umstrukturierungen und Ausgliederungen von Betriebsteilen sind solche negativen Beschäftigungseffekte einerseits denkbar. Andererseits: Wenn jetzt im Schnitt jedes Unternehmen zehn Milliarden Mark in den Aufbau dieser Netze investieren muss, sind in den kommenden drei bis fünf Jahren erst mal entsprechend positive Beschäftigungseffekte zu erwarten.

Wo könnten zusätzliche Arbeitsplätze entstehen?

Es gibt eine Fülle von Dienstleistungen, die mit UMTS zu tun haben: Die Masten müssen aufgebaut werden, die Technik, das Markting, der Vertrieb, die Werbung.

Wem räumen Sie die besten Chancen ein, bald wieder schwarze Zahlen zu schreiben?

Die besten Chancen haben die, die sowieso schon im Markt drin sind. Das liegt schon mal daran, dass sie die vorhandene Netzstruktur nur teilweise ausbauen müssen, während Firmen wie Sonera und Telefonica ja bei null anfangen müssen und mit zehn bis zwölf Milliarden Mark Investitionen rechnen, während es bei den anderen nur etwa sieben bis acht Milliarden sein werden. Auch hinsichtlich des Kundenstamms sind Firmen wie Telekom oder Mannesmann im Vorteil.

Die Telekom und Mannesmann hätten den Markt ja lieber unter sich aufgeteilt. Was wäre für die Verbraucher dann anders geworden?

Grundsätzlich sind auch sechs Anbieter noch ein enges Oligopol – also ein Markt mit wenigen marktbeherrschenden Unternehmen. Andererseits: Wenn dieser Markt noch enger wäre, hätten die Unternehmen die Chancen, den Wechsel auf UMTS langsamer anzugehen, vielleicht auch darauf zu schauen, schneller Gewinne zu erwirtschaften. Dann hätten die Unternehmen keine so hohe Summe auf den Tisch legen müssen und die Verbraucherpreise wären womöglich billiger geworden – denn die Kosten werden ja auf die Kunden umgelegt. INTERVIEW: KATHARINA KOUFEN