Kahlschlag im InterRegio-Netz

■ Kritik an Bahn-Plänen: Bremen könnten in einem Jahr 35 Züge täglich fehlen, wenn das Land nicht tief in die Tasche greift / Jetzt dürfen Bremens Senatoren mit der Bahn verhandeln, um zu retten, was zu retten ist

„Noch ist nichts spruchreif“, wiegelt die Bahn ab: Die umstrittenen InterRegios sind noch bis 2001 fest eingeplant. Danach allerdings könnten insgesamt 35 Züge täglichaus dem Bremer Fahrplan fliegen, fürchtet die Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands (GdED). 235 Arbeitsplätze seien davon betroffen. Um den Strecken-Kahlschlag zu verhindern, hatten die GdED am Freitag in den Zügen und am Bahnhof protestiert.

Für die Bremer Region seien die Pläne der Bahn eine „ziemliche Katastrophe“, erklärte auch Peter Müller, Verkehrsexperte beim Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Er befürchtet, dass die komplette Trennung von Nah- und Fernzügen am Kunden völlig vorbeigehe. Der Interregio sei ein beliebtes „Zwischenprodukt“, dessen Finanzierung die Bahn jetzt wegen seiner teilweisen Nahverkehsfunktion aber von den Ländern und Kommunen einfordern will.

Die Protest-Aktion der GdED kam bei den meisten Kunden gut an, erklärt der Gewerkschaftssekretär Eckhardt Gollkowski: Kaum eins der 4.000 Flugblätter (immerhin mit Telefon, Fax und Email-Adresse von Bahnchef Hartmut Mehdorn) blieb liegen. „Jetzt sind aber die Bremer Politiker gefragt“, meint Gollkowski. In den nächsten beiden Wochen will sich der Betriebsrat der Bahn deshalb noch mit Wirtschaftssenator Josef Hattig (CDU) und Sozialsenatorin Hilde Adolf (SPD) treffen, bevor diese selbst mit Bahnchef Mehdorn Ende August verhandeln.

Finanziell wird es aber eng für Bremen, wenn die InterRegio-Verbindungen auch noch aus der Landeskasse finanziert werden sollten. „Wir können ja verstehen, dass sich die Bahn sanieren will. Bremen ist aber selbst Sanierungsland“, steckt Thorsten Groth, Sprecher des Wirtschaftsressorts den knappen Spielraum ab. „Für Bremen wird das verdammt schwierig“, schätzt auch Müller. Entweder keine InterRegios oder kein Geld mehr für den Rest des Nahverkehrs.

Wieviel ein Gespräch der Bremer Senatoren mit Bahn-Chef Mehdorn überhaupt bewirken kann, ist dagegen fraglich. Bei den bisherigen Verhandlungen Niedersachsens sei nicht viel mehr herausgekommen, als ein paar wenige Züge von der Abschussliste zu nehmen, klagt Stephan Börger vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) in Hannover. Statt sich mit aller Gewalt börsenfähig zu trimmen, sollte sich die Bahn auf ihre eigentliche Aufgabe konzentrieren, fordert Börger. „Niemand käme auf die fixe Idee, mit dem Mittelland-Kanal an die Börse zu gehen.“

Von einer Protestflut blieb Hartmut Mehdorn am Freitag allerdings noch verschont. Auch wenn seine Frankfurter Telefon-Nummern an mindestens 4.000 BremerInnen verteilt wurden – bis zum späten Nachmittag trudelten gerade mal vier Faxe und sieben Emails ein. pipe