Bürgerhäuser: Leiden mit Niveau

■ Die Stadt hat ihre finanzielle Unterstützung für das Programm der Bürgerhäuser halbiert / Ob diese jetzt allerdings am begehrten Wettmittel-Kuchen knabbern dürfen, ist umstritten

Geplante Projekte liegen auf Eis, ehrenamtliche Mitarbeiter springen ab, weil sie keine Aufwandsentschädigungen mehr bekommen, die Angebote für Kinder und Jugendliche schrumpfen: Die Finanzierungsprobleme der neun Bremer Bürgerhäuser haben spürbare Folgen. Zwar stehen diese städtischen „Zuwendungsempfänger“ in Sachen Personal- und Betriebskosten noch vergleichsweise gut da. Nach der 50-prozentigen Kürzung der Programm-Mittel für das Jahr 2000 sehen sich die Bürgerhaus-Vereine jedoch verstärktem wirtschaftlichen Druck ausgesetzt.

„Bestimmte Sachen können wir uns nicht mehr leisten“, sagt Rolf Baginski, Leiter des Bürgerhauses Weserterrassen. Dazu zählt ein durchgehendes Programm für Kinder und Jugendliche. Es könnten nur noch Veranstaltungen angeboten werden, die wirklich kostendeckend seien. Die 12.500 Mark, die Baginski in diesem Jahr bekommt, würden gerade für die Werbung ausreichen. Seine Devise heißt jetzt: Mehr eigenes Geld durch Gastronomie, Veranstaltungen oder Saalvermietung erwirtschaften und „höllisch aufpassen“.

Baginskis Hemelinger Kollege Wilfried Mammes berichtet, dass auch bei ihm einige Projekte aus dem Kinder- und Jugendbereich auf Eis lägen. In Obervieland heißt es, es seien etliche ehrenamtliche Mitarbeiter abgesprungen, weil man ihnen die Aufwandsentschädigung von fünf Mark pro Stunde nicht mehr zahlen könne. Die Stimmungslage: „Schmerzlich“. Aus der Vahr kommt die Kunde, dass man im Kulturbereich sowieso kaum noch eigene Angebote habe. Stattdessen kommen „Kooperationspartner“ ins Haus. Manche sprechen von einer neuen Dimension des Sparens.

Seit im Juni der Doppelhaushalt 2000/2001 beschlossen wurde, ist amtlich, dass die Programm-Mittel (insgesamt 200.000 Mark) für das erste Halbjahr nicht nachträglich gezahlt werden. Das Geld wird vielmehr dafür benutzt, die Tariferhöhungen bei den Mitarbeiter-Gehältern auszugleichen. Besonders in der „haushaltslosen“ Zeit hat diese Regelung zu großer Unsicherheit in den Bürgerhäusern geführt. Zum Teil mussten wie bei den Weserterrassen Kredite aufgenommen werden, um überhaupt über die Runden zu kommen.

Ein Angebot von Kulturstaatsrätin Elisabeth Motschmann an die Bürgerhäuser sorgt nun für Verwirrung: Gefährdete Projekte sollen ausnahmsweise über den Wettmitteltopf finanziert werden dürfen. Bisher haben drei Bürgerhäuser entsprechende Anträge gestellt. Aus der Kulturverwaltung selbst kommt die Kritik, dass eine solche Förderung bestehenden Absprachen zuwiderlaufe. Normalerweise sind die Einnahmen aus dem Lotteriegeschäft der freien Kulturszene vorbehalten. Und: Es gebe ohnehin schon dreimal soviele Anträge, wie Geld vorhanden sei. Zur Zeit sollen noch rund 650.000 Mark da sein.

Also: Dürfen sie, oder dürfen sie nicht? Für die SPD-Kulturexpertin Carmen Emigholz ein klarer Fall: „Dies ist eine politische Entscheidung“ – und damit keine Angelegenheit der Kulturverwaltung. In diesem Jahr habe es historische Veränderungen im Umgang mit den Wettmitteln gegeben, die durchaus noch diskutiert werden müssten. Im Fall der Bürgerhäuser geht es Emigholz zufolge jedoch ausschließlich darum, einzelne gute Projekte zu retten – und nicht eine Institution als solche finanziell zu unterstützen. Der Hintergrund: Die Wettmittel sollen eigentlich nicht dazu dienen, Löcher im Kulturhaushalt zu stopfen.

Für Emigholz ist es klar, dass die Bürgerhäuser ihre Funktion als soziokulturelle „Anker“ behalten sollen. Deswegen würden sie auch so „gut finanziert“. Trotzdem: Es sei notwendig, die Bereitschaft der Bürgerhäuser zur Eigeninitiative zu fördern. Eine Alternative dazu werden sie kaum haben. hase