Aus den Augen, aus dem Sinn

Mülldeponie Curslacker Neuer Deich ist mittlerweile halb saniert  ■ Von Henrik Gast

Die ehemalige Mülldeponie Curslacker Neuer Deich ist mittlerweile zur Hälfte saniert, was in diesem Fall abgetragen heißt. Fünf Hektar groß ist die Deponie, die bis 1963 betrieben wurde. Heute ist ein großer Teil des Mülls zu Erde geworden, aber die ist belastet und hat deshalb am Rande des Wasserschutzgebietes Curslack/Altengamme nichts zu suchen. Im März des nächsten Jahres soll das Gebiet vollends frei von Schadstoffen sein. „Dann können sich Firmen dort niederlassen“, sagte Umweltsenator Alexander Porschke (GAL). Die Fläche sei als Standort deswegen so interessant, weil sie direkt an der Autobahnabfahrt Bergedorf liege. Genaue Pläne gibt es noch nicht. „Wir warten das Ende der Arbeiten ab“, sagt Renate Mitterhuber von der Finanzbehörde.

Hausmüll, Schrott, Industrieabfälle und Bauschutt wurden von 1959 bis 1963 auf der Deponie abgegeben. Dass auch Sondermüll dabei war, macht die Arbeiten heute so schwierig: Damit die Baggerfahrer keine giftige Luft einatmen, sitzen sie in Überdruckkabinen. Stoßen sie auf radioaktiven Müll, geben Sensoren Alarm. Denn nachdem der Geigerzähler der Stadtreinigung bei einer Fuhre Restmüll ausgeschlagen hat, verlangte die Umweltbehörde eine Nachrüstung. „Wir rechnen mit allem“, sagt Herbert Zickermann, Abteilungsleiter der Altlastensanierung der Umweltbehörde.

Die Stadt errichtete die Deponie 1959, obwohl auch damals schon Wasser in Curslack gefördert wurde. „Da war sich die Stadt der Wechselbeziehung zwischen Müll und Wasser noch nicht bewusst“, sagt Umweltsenator Porschke, „Nach damaligem Wissensstand haben wir gedacht: Ist der Müll aus den Augen, ist er auch aus dem Sinn.“

Vor allem dank einer wasserundurchlässigen Kleischicht sind bisher lediglich geringe Spuren von Giften im Grundwasser aufgefunden worden. Laut Zickermann lägen die jedoch unterhalb der zugelassenen Grenzwerte. Trotzdem sei die Sanierung unbedingt erforderlich. „Es ist eine Vorsichtsmaßnahme“, macht Zickermann klar. Für die Sünden der Vergangenheit bezahlt die Stadt insgesamt elf Millionen Mark.

Die beauftragte Firma Dörner trägt seit einem Jahr den Boden bis zu drei Meter tief ab und sortiert ihn. Auf Laufbändern wird der Müll transportiert und mit einem „Trommel- und Taumelsieb“ in Schrott, Hausmüll, Gewerbemüll, Bauschutt und Feinmaterial getrennt. Die Gifte verstecken sich zum großen Teil nicht im Bauschutt, sondern im Feinmaterial. Regen und tonige Erde bereiten dabei Probleme: „Es ist dann schwieriger, die Erde abzutrennen“, sagt Geschäftsführer Horst Dörner. Die Sortieranlage auf dem Gelände sei eine Spezialanfertigung. „Mein Bruder hat zwei Monate daran getüftelt.“ Sie trenne pro Tag 400 bis 600 Tonnen Müll.

Das Feinmaterial kommt überwiegend in die Deponien Hittfeld und Wiershop, Schrott wird hingegen recycelt und mit dem weniger belasteten Material wird das Gebiet wieder aufgefüllt.