Easy ohne Ende

Flauschen, plauschen, Cocktails trinken: Die japanische Pop- und Fahrstuhl-Band Pizzicato Five tritt im WMF auf

Nicht, dass Pizzicato Five in den letzten Jahren übel mitgespielt wurde – denn wenn jemand die Gesetzmäßigkeiten von Pop kennt, dann das japanische Pärchen Yasaharu Konishi und Maku Nomiya. Doch es war schon erstaunlich, wie schnell Pizzicato Five von Freunden und Feinden durchgewinkt und vergessen wurden.

1995 ein Hype, mehrere Überraschungseffekte in Form von haufenweise Popzitaten der Fünfziger- bis Achtzigerjahre, tausend Spielereien, ein Trend namens Easy Listening, der sogar eine Art Debatte auslöste: Ist das nicht das Ende der Popmusik, wenn Kinder in den Plattenschränken ihrer Eltern wühlen und dort vor allem die trashigsten und gefälligsten Fahrstuhlmusikplatten raussuchen und zu ihrer Lieblingsmusik erklären? Wenn alles nur noch retro ist und oberflächlich und dahinter und darunter gar nichts mehr? Oder ist gerade Easy Listening modern, postmodern und postpostmodern wie nur sonst was, Ausdruck einer Zeit, die folgenlose Unterhaltung jedem ernsthaften Diskurs vorzieht?

An diesen Polen entlang bewegte sich die Diskussion, zwischen Pest und Superchic, und sie entzündete sich nicht zuletzt an dem Auftauchen von Pizzicato Five, die über das US-Indie-Label Matador und die beiden Herren von Le Hammond Inferno den Weg nach Europa fanden.

Geschmackvoll wussten die beiden sich zu inszenieren, mit Schirm, Charme, Melone und Pelzmütze, ihre Alben steckten voller Designschnickschnack, und ihre Songs flossen nur so dahin vor dem Hintergrund von Hammondorgeln, unzähligen Samples und anderen Maschinentönchen. So leicht, dass man oft gar nicht wusste, wo man sich festhalten sollte, wo der Hit war und wo der Witz. Pizzicato Five und ihre Plattenfirmen ließen aber nicht locker und veröffentlichten Album um Album, denn Konishi und Nomyia machten ja nicht erst seit ihrer Entdeckung in Europa Musik, sondern seit 1985 und ihrer ersten Single, „Audrey Hepburn Complex“.

Der Sättigungsgrad war also schnell erreicht, und übrig blieben die Überzeugungstäter. Leute wie eben Marcus Liesenfeld und Holger Beyer vom Hammond Inferno, die auf ihrem Label Bungalow nur zu gern Sushi-Pop-Compilations veröffentlichen. Und natürlich eine kleine Easy-Gemeinde, die es einfach nicht sein lassen kann, Cocktails zu trinken, zu flauschen und zu plauschen.

Mit einem Abstand von ein paar Jahren gehört, klingt das Werk von Pizzicato Five aber auch für Externe wieder richtig attraktiv. Der Zugang ist unverstellter als seinerzeit, und allein mit den beiden neuen Songs „Perfect World“ und „La guerre est finie“ ist man wieder mittendrin im großen, schwerelosen Pizzi-Universum. Noch schöner als die Musik dieser EP aber ist ihre Verpackung, die an die von Damenstrumpfhosen erinnert und auf der Maku Nomiya in schwarzem Military-Look posiert. Was das bedeutet, bleibt natürlich ein Rätsel – ganz im Gegensatz zur Wiederkehr einer Musik, die seit je die Wiederkehr von Retrosounds in neuem Gewand darstellt: So was ist einfach popimmanent. GERRIT BARTELS

Pizzicato Five, Le Hammond Inferno: Heute Abend ab 22 Uhr im WMF,Ziegelstraße 23, Mitte