Ende eines bedenklichen Trends

Pro Asyl und amnesty begrüßen Karlsruher Urteil zu quasistaatlicher Verfolgung. Auch Somalier könnten Asyl erhalten

BERLIN taz ■ Afghanen ja, Somalier vielleicht, doch Asylbewerber aus Sierra Leone wohl eher nicht: Noch ist nicht klar, welche Flüchtlinge unter das erweiterte Asylrecht fallen. Das Verfassungsgericht hat beschlossen, den Schutz von Flüchtlingen vor „staatsähnlicher“ Verfolgung verbessern. Experten werten das als Ende eines bedenklichen Trends.

Bernd Mesovic, Referent von Pro Asyl, begrüßt das Urteil: „Es ist erfreulich, dass sich das Bundesverfassungsgericht an der konkreten Schutzbedürftigkeit von Flüchtlingen orientiert – und nicht an staatstheoretischen Termini. Damit käme es dem zumindest näher, was Pro Asyl als Asylgrund definiere: Nicht wer verfolgt, sei entscheidend, sondern warum jemand verfolgt wird, etwa wegen seiner Religion oder Hautfarbe.

Einen „riesigen Fortschritt“ sieht auch Susanne Jesih von amnesty international: „Denn es bedeutet, dass die Asylanträge von Afghanen nicht mehr pauschal abgelehnt werden.“

Unter die neue Regelung wird neben Afghanistan wohl allenfalls noch Somalia fallen, meint Rechtsanwalt Dr. Reinhard Marx, der die Kläger beim Bundesverfassungsgericht vertreten hatte. „Doch das Karlsruher Urteil hat meine Erwartungen weit übertroffen.“ Denn damit sei ein bedenklicher Trend gestoppt: Das Bundesverwaltungsgericht habe in den letzten Jahren zunehmend Schutznormen für Bürgerkriegsflüchtlinge aufgelöst. „Nun muss man abwarten, wie genau das Bundesverwaltungsgericht den Begriff der „quasistaatlichen Verfolgung“ bei seinen nächsten Entscheidungen ausfüllen wird.“ COSIMA SCHMITT