Asthma braucht frischen Atem

Studie ergibt erhebliche Versorgungsmängel gerade bei Kindern  ■ Von Sandra Wilsdorf

Asthma zu haben, ist das eine, etwas dagegen zu tun, das andere. Oder auch: Die Diagnostik bei Asthma ist gut, die therapeutischen Konsequenzen sind schlecht. Eine gemeinsame Studie der Deutschen Atemwegsliga und der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) hat erhebliche Mängel bei der Versorgung asthmakranker Kinder in Deutschland ergeben.

Asthma ist die unter Kindern häufigste chronische Erkrankung. Etwa vier Millionen Deutsche sind davon betroffen, 800.000 davon sind Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren. Die Zahl der Asthmakranken hat sich seit 1990 verdoppelt, in Städten ist das Problem größer als auf dem Land.

In der Befragung von 1100 Personen hat das Berliner Institut für Gesundheits- und Sozialforschung (IGES) Eltern von asthmakranken Kindern nach der Qualität der Versorgung befragt. Ein zentrales Problem ist die rechtzeitige Diagnose: „Viele Ärzte zögern offenbar zu lange, bis sie Asthma diagnostizieren und die entsprechende Therapie einleiten“, sagt Hans-Dieter Nolting von IGES. Zu lange werde offenbar der chronische Husten nicht ernst genug genommen. Das aber ist fatal, denn je früher die Krankheit behandelt wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Lungenleistung verbessert.

Bei der Behandlung vertrauen viele Eltern nicht dem erstbesten Arzt: 66 Prozent der Eltern waren bei mindestens zwei Ärzten, bis sie ihr Kind wirksam behandelt fanden. „Die Ergebnisse haben uns in dieser Deutlichkeit überrascht. Hinzu kommt, dass die Patienten in vielen Fällen nicht ausreichend beraten werden“, sagt der stellvertretende DAK-Vorstandsvorsitzende Eckhard Schupeta. Nur die Hälfte der befragten Eltern wussten von Patientenschulungen, von denen haben wiederum nur die Hälfte durch den Arzt davon erfahren. „Wir müssen unser Konzept völlig ändern“, sagt Professor Dietrich Berdel von der Deutschen Atemswegsliga. Man müsse sich überlegen, wie man die Betroffenen besser erreiche. Auch ein Beratungsdefizit: Bei fast 60 Prozent der Kinder hat der Arzt die Inhalationstechnik gar nicht oder unzureichend erklärt.

Aber auch bei den Eltern hapert es: Nur ein knappes Fünftel hat an einer Schulung teilgenommen. Und immerhin 27 Prozent halten sich beim Umgang mit Medikamenten nicht immer ganz genau an die Vorgaben des Arztes. Nicht klar ist, inwieweit auch dies an mangelnder Aufklärung liegen könnte.

Die DAK will aus den Ergebnissen Konsequenzen ziehen und startet im September zunächst eine Informationskampagne mit zwei Tagen Telefon-Hotline, Vortragsveranstaltungen und neuer Broschüre.

Langfristiger Kernpunkt aber wird die Asthmaschulung sein. Die kostet 1000 Mark pro Person und amortisiert sich höchstens langfris-tig. Schupeta wünscht sich außerdem etwas weniger Datenschutz: „Es ist uns nicht gestattet, unsere asthmakranken Versicherten herauszusuchen.“