TEMPO 30 IM INTERESSE ALLER VERKEHRSTEILNEHMER
: Zonenbewusstsein

Nein, es geht hier nicht um die Sowjetische Besatzungszone SBZ, auch verwandt als herabwürdigende Bezeichnung für die untergegangene DDR. Es geht um die Tempo-30-Zone. Das Bundesverkehrsministerium will laut einem Entwurf verordnen, dass zukünftig die Städte und Gemeinden selbst bestimmen, welche Stadtteile zur verkehrsberuhigten Zone werden und wie groß diese Zonen ausfallen. Das ist löblich.

Dennoch hat die Verordnung einen Mangel. Es reicht nämlich jetzt aus, ein Verkehrsschild mit Tempo 30 aufzustellen – schon ist die Zone ruhig. Doch der indirekte Appell an die Einsicht der Autofahrer, den Anweisungen der Schilder auch Folge zu leisten, hat erfahrungsgemäß sehr enge Grenzen und nur äußerst bescheidene Erfolge.

Die Zahl der im Straßenverkehr verletzten Kinder und schwer verletzten Erwachsenen ist in den vergangenen Jahren ständig angestiegen. Die Gewerkschaft der Polizei macht dafür eine „zunehmende Agressivität der Autofahrer“ verantwortlich. Genau das ist die schockierende Nachricht. Raserei und Rücksichtslosigkeit herrschen auf Deutschlands Straßen. Die werden aber leider nicht durch das Aufstellen von Schildern beseitigt und auch nicht durch gut gemeinte Appelle. „Zonenbewusstsein“ muss her.

Ein solches Bewusstsein kann nur mit drakonischen Maßnahmen anerzogen oder schlicht erzwungen werden. Notwendig sind also Hindernisse auf den Straßen, die die meist nur um das Wohl ihrer Fahrzeuge besorgten Autofahrer zwingen, langsam zu fahren. Radarkontrollen in Form von „Starenkästen“, also dauerhaft installierte Überwachung ist erforderlich. Deftige Geldstrafen wegen Geschwindigkeitsübertretungen haben eine durchaus heilsame Wirkung, selbst auf Autofahrer. Und zwar insbesondere auf die männliche Spezies dieser gesellschaftlich relevanten Gruppe.

Noch ein Wort zum ADAC. Die Autofahrerlobby hat ihre sehr eigene Kritik an der geplanten „Zonenverordnung“. Viele Benzinkutscher, so fürchtet der ADAC, würden demnächst „unbewusst“ zu Temposündern, weil sie einfach nicht merkten, dass sie in einer verkehrsberuhigten Zone fahren, wenn eben bauliche Massnahmen oder ausreichend große Schilder fehlten. Bitte? Spätestens seit der Fahrprüfung und dem Erwerb eines Führerscheins weiß jeder Autofahrer, dass innerhalb geschlossener Ortschaften Tempo 50 gilt. Und das seit knapp fünfzig Jahren. Trotzdem wird gerade in Ortschaften am meisten gerast. Es gibt nur einen Spruch, der Autofahrer überzeugen kann: „Wer nicht hören will, muss fühlen.“ GEORG BALTISSEN