Liberias Präsident im Krieg gegen CNN

Vier ausländische Journalisten sitzen wegen „Spionage“ in Haft. USA und Großbritannien protestieren

BERLIN taz ■ Die Verhaftung vier renommierter Journalisten, die für CNN und den britischen Fernsehsender Channel 4 arbeiten, könnte Liberias Präsident Charles Taylor einen offenen Konflikt mit Großbritannien und den USA bescheren. Taylor riskiere „einen Kollisionskurs mit der internationalen Öffentlichkeit“, drohte das britische Außenministerium gestern vor dem geplanten Beginn eines Schnellverfahrens gegen die vier Journalisten, die am Freitag in ihrem Hotel in der liberianischen Hauptstadt Monrovia verhaftet und der Spionage angeklagt worden waren. Der schwarze US-amerikanische Politiker Jesse Jackson forderte Taylor im Auftrag des US-Präsidenten Clinton auf, die Journalisten freizulassen.

Es geht um den sierraleonischen Journalisten Sorius Samura, Autor einer weltweit gepriesenen TV-Dokumentation über den Krieg in Sierra Leone namens „Cry Freetown“, sowie zwei Briten und einen Südafrikaner. Sie waren Anfang August für einen neuen Dokumentarfilm nach Liberia gereist. Die vier hatten sich ordentlich akkreditiert und wollten unter anderem Präsident Taylor interviewen. Taylor wird von Großbritannien und den USA beschuldigt, im benachbarten Sierra Leone die Rebellenbewegung RUF (Revolutionäre Vereinigte Front) militärisch zu unterstützen und an ihrem Diamantenschmuggel zu verdienen. Seit Monaten mehren sich ultimative Forderungen der beiden Großmächte an Taylor, seine Unterstützung der RUF einzustellen. Taylor ist überzeugt davon, es gebe eine von den USA und Großbritannien aus organisierte Verschwörung, ihn zu stürzen.

So verwundert es nicht, dass Liberias Geheimdienst die Journalisten misstrauisch beobachtete und schließlich ihre Verhaftung einleitete. In ihrem Gepäck fand die Polizei die Rohfassung eines TV-Skriptes. Es besteht aus Textentwürfen für zum Teil noch nicht gedrehte Episoden und wird jetzt von Liberias Zeitungen genüsslich auseinandergenommen. Die Journalisten wurden am Montag einem Haftrichter vorgeführt und sollten ab gestern vor Gericht stehen. Bei einer Verurteilung droht ihnen bis zu zehn Jahren Haft.

Es gilt als wahrscheinlich, dass Taylor die Journalisten als Druckmittel gegenüber dem feindlichen Ausland einsetzen will. Seit am 8. Juli eine Gruppe von „Dissidenten“ aus Guinea nach Liberia einrückte und die nördliche Provinzhauptstadt Voinjama besetzte, herrscht im Land ein Klima von Umsturzangst. Die Regierungstruppen haben die „Dissidenten“ nicht aus Voinjama verjagen können. Die „Dissidenten“ nennen sich verschiedentlich „Bewegung für Nationale Versöhnung und Demokratie“ (MNRD) und „Vereinigte Liberianer für Entwicklung und Wiederaufbau“ (LURD). Geführt werden sie nach eigenen Angaben von einem früheren Milizkämpfer, Joe Wylie, der erklärt hat, pünktlich zum Ausbruch der Kämpfe im Juli in einem Charterflugzeug aus den USA in die Region geflogen zu sein. Wylie reklamiert 5.000 Mann unter Waffen.

Oppositionelle mutmaßen, die Regierung spiele das Ausmaß der Kämpfe absichtlich hoch, um einen Vorwand für die Unterdrückung ihrer Gegner zu haben. Liberias Armee behauptete vor kurzem, bei einem getöteten Führer der „Dissidenten“ Namenslisten ihrer Unterstützer aufgefunden zu haben. Genannt wurden Ellen Johnson-Sirleaf, Taylors Gegenkandidatin bei den Präsidentschaftswahlen von 1997, sowie die Führer der früheren Taylor-feindlichen Bürgerkriegsmilizen Ulimo-J und Ulimo-K. Dazu kommt Cheayee Doe, ein Sohn des 1990 auf dem Höhepunkt der ersten Bürgerkriegsrunde ermordeten liberianischen Präsidenten Samuel Doe, sowie Prince Johnson, der bis vor kurzem in Nigeria inhaftierte Mörder Does.

Gegen die im Exil lebende Ellen Sirleaf-Johnson und 14 weitere Exiloppositionelle wurde am Wochenende Haftbefehl wegen Landesverrats erlassen. Dies hat das politische Klima in Liberias Hauptstadt Monrovia aufgeheizt. Das rabiate Vorgehen gegen vier Vertreter zweier international bekannter TV-Anstalten, deren Heimatländer an der Speerspitze des von Liberias Verteidigungsminister Daniel Chea ausgemachten internationalen „Wirtschaftskrieges“ gegen die Regierung Taylor stehen, spitzt die Krise weiter zu.

DOMINIC JOHNSON