Punk goes on and on and on ....

■ Label Porträt Nr. 8 1/2: Das „Weser Label“ steht seit 17 Jahren für Punk; was heute weniger eine bestimmte Akkordfolge und Haartracht meint als stete Bereitschaft zum Neubeginn – auch mit 80er-Jahre-Gitarrenrock, an diesem Freitag im Schlachthof

Die taz-Kulturorganisation ist in Wahrheit nur eine Tarnorganisation für den Fanclub des legendären Weser Labels und ihres Herrn und Meisters Claus Fabian alias Fabsi, welcher einst mit 22 Jahren dem 15-jährigen Campino beim Tote-Hosen-Vorläufer „ZK“ die Drums um die Ohren haute und später als Produzent von Helden wie King Rocko Schamoni, „Heiter bis wolkig“ und „Die Goldenen Zitronen“ das deutsche Punkwesen maßgeblich mitprägte: eine Erfolgsstory, die nur dadurch beeinträchtigt ist, dass Herr Fabian die herrschende kapitalistische Männermode nie entscheidend beeinflussen konnte trotz ausgiebigen Tragens von Schottenröcken als Frontmann von „Fabsi and the Peanutsclub“.

In unserer Eigenschaft als Undercover-Fanclub des Weser Labals haben wir natürlich schon ausführlichst berichtet über Label und Labelphilosophie, also über die fundamentale Kritik Herrn Fabians am zeitgeistigen Peanuts- und Chipsangebot bei Aldi und Extra, über die Marketing-Kooperation des Labels mit Hansa-Bier und über jene 150.000 Mark, die das Label bislang für Rechtsanwalt- und Strafgebühren berappen musste, zum Beispiel weil man den Namen Greenpeace mit einem Piece Haschisch in locker-assoziative Verbindung brachte und wegen diverser vergleichbarer sittlicher Vergehen, die sich einst auf den T-Shirts und Buttons des Weser-Mailordervertriebs manifestierten. An dieser Stelle sollen nur die allerneusten Entwicklungen bei den Altpunks beleuchtet werden, was nur als halbes Label-Porträt zählt.

Den strafrelevanten Mailordervertrieb gibt es seit einem knappen Jahr nicht mehr – vorerst nicht. Denn zurzeit benötigen Herr Fabsi und sein Mitarbeiter Klaus Gropper (ein Kulturwissenschaftsstudent in den letzten Zügen mit House-Vorliebe) ihre ganzen Energien zum Aufpäppeln ihres neuen Sublabels. Es heißt in gebotener Bescheidenheit „superrock rec.“ und wendet sich einer Stilrichtung zu, die Ende der 80er Jahre von allen Studenten mit hip-Anspruch unter dem Logo Gitarrenrock verehrt wurde. Heute ist diese Musik unter dem neuen Begriff Emocore wieder ganz groß im Kommen, zumindest laut Herrn Fabian. Wirft man die ersten superrock rec.-Scheiben von „Echophonic“ aus Wien und von „Soulmate“ (kommen aus dem Niemandsland zwischen Oldenburg und Wildeshausen und gewannen 1998 den „Live-in-Bremen“-Nachwuchswettbewerb) in die Maschine, spült eine Woge süßer Nostalgie die triste Wirklichkeit hinweg. Erinnerungen erwachen an Band of Susans, Throwing muses, His name is alive, Psyclone rangers, Teenage Fanclub, Come, Wrong haircut, Nova Mob, all diese göttlichen Bands, die durch engelreine Stimmen und glückselige Melodien von der Kunst des Lebensgenusses erzähl(t)en, während dreckige Gitarren auf dem prinzipiellen Dissens mit dieser Gesellschaft beharrten: Endlich ward der goldene Mittelweg gefunden zwischen rabaukigem Mit-mir-nicht und der weisen, unerschütterlichen Abgeklärtheit, die allen 25-jährigen quasi naturgemäß zu Eigen ist. Independent musste nicht mehr auf Biegen und Brechen Brüchigkeit demonstrieren.

Soulemate und Echophonic bewegen sich sehr stilsicher auf diesem Terrain. Und je öfter man eine CD hört, desto hartnäckiger nisten sich die Songs ins Ohr und tauchen in den lästigen Momenten (Uni, Arbeit...) auf, um glücklich darüber hinwegzuretten. An den eigenwilligen Charme der Besten der 80er-Jahre-Collage-Bands, etwa Belly, Swell oder Shiny Gnomes, kommen sie vielleicht nicht ganz heran, muss ja nicht.

Beim Besuch der aktuellen Popkomm war Herr Fabian entzückt feststellen zu können, dass seine neuen Bands ebenso wie die amerikanischen Äquivalente (Jimmy eat world, Carate, Forgetup kids) das Kölner Stollwerk mit seinen 1.000 Plätzen locker füllten. Noch einen weiteren Trend konstatierte er erfreut: Während Reggae in seinem Ursprungsland bewegungslos vor sich hindümpelt, sind es deutsche Kids, die ihm ganz neue Seiten abgewinnen, etwa mittels HipHop-Elementen. Richtige Schadenfreude aber überkommt ihm bei Beobachtung der neuen Internet-Trends, alles hype.

„Die haben die allergrößten Stände und lassen in ihrer Not irgendwelche Mädels oben ohne laufen, Studentinnen!, mit body paintings. Und trotzdem kommen nur drei Leute.“ So erzählt Herr Fabian, dass eine Band namens „Gallery“ – angeblich die neuste Internetentdeckung mit Myriaden von Hints – live einen faden Eindruck hinterlässt und kein Schwein interessiert. Als Entdeckungsforum funktioniert das Internet nicht. „Bands kann man nur in rauchigen Kellern lieben lernen.“ bk

Zu diesem Zwecke tourt Herr Fabsi mit den seinen durch Deutschland. Am 25. August machen sie Station im Schlachthof. Mit dabei sind die eher grungigeren, gepflegt verzweifelten „Silk Ninty Nine“ mit toller Frontfrau, Sieger bei „Live in Bremen –99“ unter dem Namen Silk, „aber so heißt schon eine scheiß Amikapelle, und wir haben dann wieder die Klagen am Arsch“. Aktuelle Ziele des Weser Labels: 1) Bata Illic als Bundestrainer, 2) eine Single mit dem Erfinder der Flüssigseife