FDP beendet Bündnis mit NPD

Eine Konsequenz hat die Debatte um das NPD-Verbot schon mal: In Sebnitz/Sachsen entledigte die örtliche FDP sich schleunigst ihrer Koalition mit einem NPD-Stadtrat

BERLIN taz ■ Ganz Deutschland diskutiert über ein Verbot der NPD – im Rat der sächsischen Kreisstadt Sebnitz bildete die Rechtsaußenpartei bis letzte Woche eine gemeinsame Fraktion mit der FDP und der Deutschen Sozialen Union (DSU). Der Grund dieser Koalition in der Opposition: Nur so gelang es den drei Parteien, die bei der Kommunalwahl im Juni 1999 jeweils nur einen Ratssitz erringen konnten, in die Ratsausschüsse der 10.000-Einwohner-Stadt zu gelangen. NPD-Mann Johannes Müller wurde in den Finanz- und Verwaltungsausschuss entsandt, der parteilose FDP-Ratsherr Jürgen Montag wurde Mitglied des technischen Ausschusses. DSU-Parlamentarier Peter Hesse wurde mit dem Vorsitz der gemeinsamen Fraktion entschädigt.

In Sebnitz, der „Seidenblumenstadt am Nationalpark Sächsische Schweiz“, nahm daran niemand wirklich Anstoß. Er habe zu den anderen Ratsmitgliedern ein „ganz normales kameradschaftliches Verhältnis“ gepflegt, meint NPD-Ratsherr Müller. „Selbst zur PDS“, freut sich der Klinikarzt.

PDS-Ratsherr Reinhard Richter bestätigt dies. Der Landwirt, der mit dem NPD-Mann zusammen im Finanzausschuss sitzt: „Der Dr. Müller kennt sich in der Sache aus, macht manchmal gute Vorschläge.“ Widerstand gegen ihn habe es nicht gegeben. „Was soll man auch machen?“, so der demokratische Sozialist.

Kurz nach ihrer Konstituierung hatte die Fraktion einen Sturm im Wasserglas ausgelöst – in Dresden und Berlin. Der PDS-Landtagsabgeordnete Hendrik Thalheim sprach in einer Pressemitteilung von einem „skandalösen Vorgang“, während der Sprecher des FDP-Bundesverbandes, Wulf Öhme, nach eigenem Bekunden rechtliche Schritte gegen Ratsherr Montag prüfen ließ. „Es liegt tatsächlich eine Parteischädigung vor, wenn er im Namen der FDP weiter die Koalition betreibt“, so Öhme seinerzeit. Doch weiter geschah nichts. „Wir wussten nicht, dass die Koalition noch existiert“, sagte Wulf Öhme der taz. Druck auf den Kreisverband auszuüben sei Sache des Landesverbandes, so Öhme. Doch die Landespartei delegierte die Entscheidung nach unten. Der FDP-Kreisverband Sächsische Schweiz wiederum distanzierte sich zwar von der Koalition, überließ die Entscheidung aber der Ortsgruppe.

Immerhin: Nun, nach fast einem Jahr, hat FDP-Ortschef Josef Weber das Bündnis mit NPD und DSU beendet. Vermutlich aus Imagegründen: Die NPD hat auf ihrer derzeit gut frequentierten Homepage auf ihr Bündnis mit den Liberalen verwiesen. Das hätte peinlich werden können, sowohl für die FDP als auch für den „anerkannten Erholungsort“ Sebnitz. Noch heute verteidigt FDP-Mann Weber die Koalition als nützliches „Zweckbündnis“, in dem jeder frei und ohne Koalitionszwang habe entscheiden können. MARCUS MEIER