Bahn-Netz abgeben

Experten aus dem Bundesverkehrsministerium fordern, das Schienennetz und den Zugbetrieb zu trennen. Bahnchef Hartmut Mehdorn ist dagegen

BERLIN taz ■ Die Deutsche Bahn AG soll sich von ihrem Schienennetz trennen. Das fordert eine vom Verkehrsministerium eingesetzte Expertenkommission. In dem Gutachten zur künftigen Finanzierung der Infrastruktur heißt es, die Einbeziehung des Netzes in das privatunternehmerische Risiko sei „gleichbedeutend mit der Verhinderung der Kapitalmarktfähigkeit“. Daher solle das Schienennetz wieder in unmittelbares staatliches Eigentum zurückgeführt werden, so der Bericht, der am 5. September dem Verkehrminister vorgelegt werden soll.

Die nach einem ehemaligen Bahnvorstand so benannte Pällmann-Kommission warnt, dass die DB Netz noch auf Jahre von staatlichen Zuschüssen abhängen werde. Denn pro Jahr fehlen dem Unternehmen, dessen Aktien derzeit noch zu hundert Prozent dem Bund gehören, zwei Milliarden Mark, um den Verfall maroder Schienenstrecken aufzuhalten. Für die Deutsche Bahn bedeutet das ein dauerhaftes Handicap, will sie schwarze Zahlen schreiben.

Ausdrücklich weisen die Gutachter auch darauf hin, dass die bisherige Einheit von Netz und Betrieb auch aus Sicht der EU-Kommission einen freien Wettbewerb hemmt. Eine Trennung sei schon deshalb sinnvoll, weil damit Konkurrenzbetreiber nicht länger diskriminiert würden. Damit würden auch die Voraussetzungen für europaweite „Bahndienstleister“ geschaffen. Über faire Bedingungen für alle Anbieter solle eine Regulierungsbehörde wachen, so die Expertenkommision.

Darüber hinaus fordern die Gutachter, dass sich die Deutsche Bahn auf ein Bundesschienennetz von rund 20.000 Kilometern beschränken solle. Es sei nötig, die übrigen 18.000 Kilometer Regional-und Lokalnetze an Länder, Kommunen, Verkehrsverbünde oder an private Investoren abzugeben. Ähnliche Pläne hatte Bahnchef Hartmut Mehdorn selbst bereits im Frühjahr bekannt gegeben.

Gegen eine Ausgliederung der DB Netz AG hingegen wehrt sich Mehdorn entschieden. Seine Argumentation: Die Bahn sei „vertikal integriert“, ein Verbundprodukt. Ganz anders Dieter Vogel, Vorsitzender des Aufsichtsrats der Deutschen Bahn: Er plädiert für eine Trennung von Schienennetz und Bahnbetrieb. Der Staat trage die Verantwortung für die Kosten der Infrastruktur.

Auch die Fraktion der Grünen in Bundestag befürwortet eine Regelung, bei der das Netz wieder in die Verantwortung des Staates übergehen würde. „Dann wäre die Bahn nicht länger gezwungen, mit ihrem Schienenetz schwarze Zahlen zu schreiben: Fehlende Beträge würde der Bund zuschießen“, so ein Bahnexperte der Grünen.

KATHARINA KOUFEN

kommentar SEITE 11