Kriegsgegner vor Gericht

Im März 1999 wurde die Geschäftsstelle der Grünen von Kriegsgegnern besetzt. Die Grünen riefen die Polizei und ließen räumen. Die Besetzer wollten unbefristet bleiben

Am Montag findet ein Prozess gegen vier Gegner des Nato-Einsatzes auf dem Balkan statt, den der Landesvorstand der Grünen ermöglicht hat. Im 12. April 1999 hatten etwa 50 KriegsgegnerInnen das Büro von Bündnis 90/Die Grünen in der Oranienstraße besetzt, vier von ihnen müssen sich am Montag vor dem Amtsgericht Tiergarten verantworten.

Die Aktivisten, die aus verschiedenen Antikriegsgruppen stammten, wollten im Unterschied zu vorangegangenen Besetzungen für unbestimmte Zeit in der Landesgeschäftsstelle bleiben und mit einem „Gegeninformationsbüro“ der „herrschenden Kriegspropaganda“ etwas entgegensetzen.

Doch die Verhandlungen gestalteten sich schwierig. Das Angebot der Grünen, Räume der Geschäftsstelle in der normalen Geschäftszeit zu nutzen, lehnten die Kriegsgegner ebenso ab wie ein in der Nachbarschaft gelegenes Büro der Kreuzberger Bezirksgruppe. Als am nächsten Tag den Grünen der Zutritt zur Landesgeschäftsstelle verweigert wurde und die Grünen keine Verhandlungsbereitschaft mehr sahen, tat der Landesvorstand etwas, was in der Geschichte der Grünen einmalig ist: Er rief die Polizei, die mit einem massiven Einsatz die Geschäftsstelle räumte. Judith Demba und zwei Kreuzberger Grüne traten aus Protest aus der Partei aus.

Obwohl die Grünen ihre Strafanzeige wegen Landfriedensbruchs zurückgezogen hatten, stehen am Montag vier der Besetzer vor Gericht. Der Vorwurf: Widerstand gegen die Staatsgewalt. Sie hatten sich bei der Räumung zu einer Sitzblockade untergehakt. „Wieder die Falschen auf der Anklagebank“, ist eine mehrseitige Pressemitteilung des „Gegeninformationsbüros“ überschrieben, in dem die Angeklagten ausführlich ihre Gründe für die Besetzung darlegen. Unter anderem heißt es: „Der Krieg ist das Verbrechen und nicht der Widerstand dagegen! Wenn jemand auf die Anklagebank gehört, dann die für den Krieg Verantwortlichen und ihre Helfershelfer.“ Es bleibt abzuwarten, ob die Kreuzberger Grünen ihr damaliges Versprechen einlösen: Sie wollten Geld für Prozesskosten sammeln, sollte es trotz der zurückgezogenen Strafanzeige zu einer Anklage kommen. B. BOLLWAHN DE PAEZ CASANOVA