restrauschen
: Gangstermythos

Nein, das ist nicht Leonardo DiCaprio in seinem neuen Film, sondern dessen Synchronstimme Matthias Walter in seinem neuen Hörspiel. Schade, dass man ihn beim Zuhören nicht sehen kann, denn auch seine Rolle ist nicht unerotisch: Er spielt Werner Gladow, den 17-jährigen Verbrecher, der zu Blockadezeiten ganz Berlin verunsichert: Ganz cool geht er ins Kinofoyer, lässt die Tageseinnahmen in seiner Tasche verschwinden und die Schreie der Kassiererin gehen im Lärm der Rosinenbomber unter.

Die Gladow-Bande knackt die Bewag-Zentrale und bricht in Juweliergeschäfte ein. Geschickt nutzt sie das Chaos der geteilten Stadt und die feindliche Funkstille zwischen östlicher und westlicher Polizei. Volkspolizisten klauen die Bandenmitglieder die Waffen, mit denen sie zwischen 1948 und 1949 brutale Gangsterfilme nachspielen. Wer sich ihnen in den Weg stellt, wird erschossen. 127 Verbrechen, zwei Morde, 15 Mordversuche, 19 Raubüberfälle und 10 schwere Diebstähle werden „Gladow und anderen“ im März 1950 zur Last gelegt. Der Prozess ist einer der ersten in der jungen DDR, die Urteile sollen abschreckend wirken: dreimal Todesstrafe durch das Fallbeil, lebenslängliche Freiheitsstrafen. Werner Gladow wird in Frankfurt (Oder) hingerichtet – wegen „voller Verantwortlichkeit jugendlicher Täter bei besonders schweren Verbrechen“. Klaus Buhlerts Hörspielcollage merkt man an, dass sie sich am Film über die Gladow-Bande, „Engel aus Eisen“, orientiert: Aus der Sicht einer fiktiven Kamera folgt die Inszenierung knappen Regieanweisungen, die die Rolle eines Erzählers übernehmen. Das ist manchmal überflüssig, weil sich einige Anweisungen durch die gute Produktion erübrigen. Trotzdem beschleunigt der Stakkato-Ton das Tempo des Hörspiels und lässt tatsächlich vor dem inneren Auge einen spannenden Gangsterfilm im Berliner „Milljöh“ entstehen. Einfach zurücklehnen und sich Matthias „DiCaprio“ Walter als Werner Gladow vorstellen . . . „Den Kopf hinhalten“ (DLR, So, 18 Uhr 30). SILL