Vorstadthoffnung abgebrannt

Wieder zurück auf die Straße: Unbekannte legen Feuer in offenem Jugendtreff in Lurup. 60 Jugendliche verlieren Anlaufstelle  ■ Von Heike Dierbach

Auf dem Billardtisch liegen noch die Kugeln. Von einer feinen grauen Schicht überzogen. An der Tür hängt das Ferienprogramm: Türkisch Kochen, Frühstück, Ponyreiten. Doch durch die Glasscheibe fällt der Blick nur noch auf verkohlte Wände und Möbel: Der offene Jugendtreff der Kirchengemeinde „Zu den zwölf Aposteln“ im Luruper Lüttkamp ist in der Nacht zu Mittwoch abgebrannt. Nun haben die Ermittlungen ergeben: Brandstiftung.

„Ausgerechnet dieser Treff“, schüttelt ein Anwohner den Kopf. Der kleine Laden im Lüttkamp war Anlaufstelle für rund 60 Kinder und Jugendliche. Die meisten sind ausländischer Herkunft, viele aus Familien, die von der Sozialhilfe leben, viele ohne Lehrstelle – aber mit Problemen mit Drogen oder dem Gesetz.

Der Treff am Lüttkamp ist nicht die erste Jugendeinrichtung, die in Lurup und Osdorf angezündet wurde: In den vergangenen Monaten brannte es auch im Jugendzentrum des DRK, in einer Beratungsstelle und in einer Jugendwohnung. Die Täter wurden nicht ermittelt. Auch für den Brand im Lüttkamp wurde noch kein Schuldiger gefunden. Sozialpädagoge Gerhard Rumrich, der seit 14 Jahren die Einrichtung betreut, hat noch keinen Verdacht. Von „seinen“ Jugendlichen war es keiner, da ist er sicher: „Ich bin auch mit keinem im Streit auseinander gegangen.“ Von den Mietern der benachbarten Saga-Wohnungen hätten sich wohl mal welche bei der Saga beschwert, „dass im Treff so viele mit Goldkettchen rumhängen“. Aber laut Rumrich unterstützen auch viele das Projekt, schenken Spiele oder packen mal mit an.

Der Jugendtreff wird zum kleineren Teil von der Kirche und zum größeren vom Jugendamt finanziert. Einmal pro Woche hat Rumrich Unterstützung durch eine Honorarkraft. Er organisiert am Lüttkamp auch antifaschistische Projekte, fährt mit den Jugendlichen öfters nach Wien, wo sie einen jüdischen Friedhof pflegen. Erst kürzlich nannte das Stadtteilbüro im benachbarten Osdorfer Born sein Projekt als ein Beispiel dafür, dass im Hamburger Westen nicht nur Vorstadt-tristesse herrsche (taz berichtete).

Erst vor einem Jahr hat Rumrich den Laden bezogen. Früher war sein Projekt mit in einem benachbarten Jugendhaus untergebracht. Einen Sommer lang arbeitete er dann als Streetworker. „Das werde ich jetzt wohl auch wieder machen“, sagt er. Zwar sollte der Treff ohnehin umziehen, aber die neuen Räume 150 Meter weiter müssen noch umgebaut werden. Das Jugendamt hat die Kosten noch nicht bewilligt. Das größte Problem aber ist, dass das Inventar verbrannte. Von der Versicherung erhofft sich Rumrich nicht viel, „das waren ja alles gebrauchte Sachen.“

Nach zwei Wochen Sommerpause sollte der Treff im Lüttkamp in dieser Woche wieder eröffnen. Bis dahin „bleibt gesund“, hatte Rumrich für die Jugendlichen an die Tür geschrieben, „und macht keinen Mist“.