Feuerteufel Mensch

Flächenbrände wie in den USA und Südeuropa gab es schon immer. Nur Bewohner gibt es in den gefährdeten Gegenden erst seit kurzer Zeit

aus Washington PETER TAUTFEST

„Wenn es in Alaskas nördlichen Wäldern brennt, dann versuchen wir erst gar nicht zu löschen“, sagt Wayne Bushnell vom US Forest Service. Bushnell ist in Alaska zu Hause und betreibt zur Zeit in der Washingtoner Zentrale Feuermanagement. „In den unteren 48 Staaten hingegen müssen wir jedes Feuer löschen. Durch Besiedlung kommt ein neues Element in die Gleichung.“

Wenn es darum geht, die großen Feuer, die zurzeit in Amerikas Westen wüten, zu erklären, ist eine Theorie allerorten zu hören: Feuer gehören zum natürlichen Zyklus von Ökosystemen. Greift der Mensch ein und verhindert Feuer, dann sammelt sich über die Jahre so viel brennbares Material an, dass ein Feuer, wenn es doch ausbricht, katastrophale Ausmaße annimmt.

Diese Theorie ist nicht falsch, trifft aber nicht die ganze Wahrheit. Denn bei der Ursachenforschung bleibt Amerikas wildwachsende Verstädterung meist unbeachtet. Dass die Zahl großflächiger Brände zunimmt, ist für weite Regionen Amerikas ein statistisches Artefakt. Was nämlich zunimmt, sind die in Dollar ausgedrückten Verluste, weil der Mensch und seine Siedlungen immer tiefer in feuergefährdete Regionen vorrücken.

Das trifft vor allem für das kalifornische Küstenland zu. „Seit 1920 haben wir eine ständige Zunahme von Feuerschäden“, sagt Jon Keeley. „Dennoch ist die Häufigkeit und die Flächenausdehnung der Feuer einigermaßen konstant geblieben.“ Das heißt freilich nicht, dass sich mit dem Menschen die Feuergefahr nicht erhöht. In vielen Gebieten hat der Mensch den Blitz als Hauptursache für Brände abgelöst, sagt Jon Keeley: „99 Prozent der Feuer in Südkalifornien entstehen durch Zigarettenkippen, Grillfunken und Gartenfeuer.“

Auch in der Sierra Nevada hat menschliche Besiedlung die Feuerhäufigkeit und -art verändert. Normalerweise fällt die Gewittersaison in die feuchten Sommermonate: Waldbrände entstehen oft auf Anhöhen, wo die meisten Blitze einschlagen. Sie brennen wegen der Feuchtigkeit schnell aus. „Vermehrt beobachten wir in letzter Zeit aber das Entstehen von Bränden in den besiedelten Niederungen. Auslöser sind oft noch glühende Zigarettenkippen“, sagt Wayne Bushnell vom US Forest Service.

Die Verstädterung hat regional unterschiedliche Auswirkungen auf die Feuergefahr. Bei den schweren Bränden in Florida vor zwei Jahren etwa spielte zweierlei eine Rolle: Die Menschen ziehen in ökologisch labile Trockenregionen und überstrapazieren deren knappe Wasserressourcen. Sinkende Grundwasserstände verschlimmern die Auswirkungen der Dürre. Wasser fehlt nicht nur den Pflanzen, sondern auch zum löschen, wenn es brennt.

An den Schnittstellen zwischen städtischen und ländlichen Räumen brennt es in Dürreperioden erfahrungsgemäß schnell und heftig. Im ländlichen Raum gibt es nur vereinzelte Gehöfte. Die intensive Fläschenbewirtschaftung lässt Wälder und Büsche nicht zu. Dadurch entstehen weiträumige Freizonen zwischen Farmen und unbebauter, sprich feuergefährdeter Natur.

Die aufs Land ziehenden Städter aber suchen den Wald. Sie lassen dort Wälder entstehen, wo von Natur aus nie welche wuchsen. Diese neuen, suburbanen Landschaften enthalten mehr brennbares Material als der ehemals natürliche Raum, in dem regelmäßige Feuer für offenes Land mit vereinzeltem Baumbestand sorgten.