Am Ende nur noch Automaten in Burg

■ Nach Plänen der Deutschen Bahn AG soll der frisch renovierte Fahrkartenschalter in Bremen-Burg geschlossen werden / Jetzt gibt es Ärger, weil dort Jugendliche ausgebildet werden / Unterschriften von Bremen-Nordern sollen den Schalter der Azubis retten

Bremen-Burg hat etwas, was andere Klein-Bahnhöfe schon lange nicht mehr kennen: Einen frisch renovierten Bahnhof (27 Millionen Mark teuer) mit einem gut besetzten Reisezentrum, das jeden Kundenwunsch befriedigen soll. Noch – denn ginge es nach den Plänen der Deutschen Bahn, könnte der kleine Schalter in Bremen Burg bald wieder dichtmachen. Zumindest wenn die eilig gestartete Unterschriftenkampagne die Automaten-Abfertigung in Bremen-Burg nicht verhindern kann.

530 Unterschriften haben Bremen-Norder inzwischen zusammengetragen. Als letzten Hilferuf ging der Stapel Proteste vergangene Woche zur Bahn-Direktion nach Frankfurt. Den Unterschreibern geht es dabei nicht allein um den Erhalt des Schalters, sie wollen vor allem das besondere Engagement der hier eingesetzten Bahn-Auszubildenden retten. Denn seit 1996 ist die Fahrkartenausgabe Bremen-Burg fest in der Hand der Azubis, „Junior-Firma“ heißt das bei der Bahn. Dort sollen die Auszubildenden selbstständig alle Arbeiten erledigen: Von der Beratung über die Bestellung bis zum Verkauf der Tickets. Rund 50 der Bremer Azubis machen im Jahr allein in Bremen-Burg Station.

Die Gleichung der Bahn lautet dagegen: Weniger Auszubildende bundesweit brauchen auch weniger Ausbildungs-Schalter. Deshalb steht Bremen-Burg samt einem halben Dutzend weiterer Junior Firmen auf der Abschussliste der Bahn. Den Bremer Azubis bliebe nur noch die Junior-Firma in Hude, oder der Einsatz am Bremer Hauptbahnhof. Aber im Getümmel des Hauptbahnhofs, kritisieren Bahner, bliebe kaum Zeit für so eine solide Ausbildung wie in Burg.

Die Bremen-Burger jedenfalls würden ihre Azubis heftig vermissen, denn die haben sich bislang viel mehr Zeit für ihre Kundenwünsche genommen als deren Kollegen am Hauptbahnhof. Eine Kundin bedankte sich erst jüngst über die „freundliche, pfiffige Beratung“ des Teams, das selbst Anrufe beim Zielort in Italien nicht scheute. Vorwiegend ältere Leute kämen an den Schalter, heißt es. „Um eine Fahrkarte zu kaufen, kann ich doch nicht bis Bremen fahren“, schimpft einer aus Bremen-Nord. Und nur mit Automaten und Internet-Auskunft sei der alten Kundschaft nicht beizukommen.

Die Azubis jedenfalls sind laut Anweisung der Bahn zum Schweigen verpflichtet. Deshalb zieht inzwischen Reinhard Klatt, Rentner und Eisenbahn-Fan aus Bremen-Burg, gegen die Sparpläne zu Felde. Er fürchtet, dass die Bahn das Reisezentrum Bremen-Burg wegen schlechter Verkaufserlöse in den zurückliegenden zwei Jahren loswerden will. Aber in den beiden Jahren wurde der Bahnhof umgebaut. Selbst Bahn-Mitarbeiter sollen im Renovierungs-Chaos zuweilen vor lauter Baustellen den Eingang zum Schalterraum nicht gefunden haben. Da müsse man sich über miese Fahrkartenabsätze nicht beklagen, meint Klatt. Und nach der feierlichen Eröffnung des sanierten Bahnhofs vor drei Monaten jedenfalls sei das Reisezentrum wieder voll. „Man kann doch nicht erst den Bahnhof aufwendig sanieren und dann die Fahrkartenausgabe schließen“, wettert Rentner Klatt nun in unzähligen Protestnoten an Bahn und Bremens Senatoren. Allein die Junior-Firma wurde schließlich mit schätzungsweise 30.000 Mark umgebaut, die nun in den Sand gesetzt würden. „Ich kaufe mir doch auch keine neue Einbauküche, wenn ich weiß, dass ich ausziehen will.“

Auch Sozialsenatorin Hilde Adolf (SPD) haben die Beschwerden inzwischen erreicht. Sie forderte nachdrücklich, dass die Bahn das Ausbildungs-Reisezentrum in Bremen-Burg erhalten soll. Morgen jedenfalls wird der Bremer Senat mit Bahnchef Hartmut Mehdorn verhandeln. Zwar geht es vor allem um die InterRegio-Züge. Vielleicht aber auch um Bremen-Burg. pipe