Nachgefragt
: Streit sichtbar machen

■ Der Politikdidaktiker Klaus Koopmann zur umstrittenen U-Boot-Ausstellung

Im Deutschen Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven läuft seit Samstag eine Ausstellung aus Anlass des 100. Geburtstages des U-Boot-Bauers Hellmuth Walter, der als überzeugter Nazi galt. Erst auf öffentlichen Druck hin fügte die Museumsleitung eine Tafel bei, die auf Walters Verstrickungen in den Nationalsozialismus hinweist. Das größte Foto der Ausstellung bleibt eine Porträtaufnahme Walters, in der ausgestellten Biografie findet sich kein Hinweis auf den Nationalsozialismus. Die taz fragte den Politikdidaktiker Klaus Koopmann von der Universität Bremen, was das Museum besser machen könnte.

taz: Ist das Vorgehen des Museums angemessen?

Klaus Koopmann: Ich habe die Ausstellung noch nicht gesehen. Es ist aber bezeichnend, dass die Ergänzungstafel nicht Grundbestandteil war. Nun gut – wir alle sind lernfähig. Aber in meinen Augen ist es nicht ausreichend, in einer Rede kritische Anmerkungen zu machen. Wichtiger ist, dass die Ausstellung selber die Kontroverse thematisiert, damit sich die Beschauer eine eigene Meinung bilden können. Alles andere wäre nur selektive Aufklärung.

Auf öffentlichen Druck hin hat sich das Museum grundsätzlich bereit erklärt, eine Diskussionsveranstaltung zum Thema zu organisieren.

Das ist sehr schön. Aber was ist mit den Menschen, die an der Veranstaltung nicht teilnehmen werden und sozusagen unberührt davon in die Ausstellung gehen? Ich bleibe dabei: In einer kontroversen Ausstellung gehört es zum grunddidaktischen Ansatz dazu, dass die Kontroverse um die Exponate und um die Idee der Ausstellung selbst auch mit angeboten wird.

Das Schifffahrtsmuseum ist ein Technik-Museum. Entbindet das von der Pflicht, auf historische Zusammenhänge hinzuweisen?

Das wäre eine triviale Sichtweise. Über eine solche positi-vistische Betrachtung von Technik sind wir seit mindestens 20 Jahren hinaus. Jeder Technik-Student im zweiten Semester kann Ihnen sagen, dass Technik nicht gesellschaftsfern passiert.

Wäre es besser gewesen, die Ausstellung erst zu überarbeiten und die Eröffnung zu verschieben, oder ist es gut, das „Corpus Delicti“ zu zeigen?

Die Ausstellung hätte von Anfang an die Funktionszusammenhänge der Technik mit aufnehmen müssen – und zwar als zentralen Bestandteil. Allerdings nicht aus taktischen Erwägungen, um den Gegnern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Die Besucher sollen die Möglichkeit bekommen, sich über die Ausstellung zu streiten und ihre Meinung zu bilden – sonst geht das an den Rand der Indoktrination. Eine Möglichkeit wäre, auch die Presseveröffentlichungen zum Thema in der Ausstellung zu zeigen.

Fragen: Christoph Dowe