Nur ein Fall von Widerstand

Im Prozess gegen vier Besetzer der Landesgeschäftsstelle der Bündnisgrünen im April 1999 wurden zwei freigesprochen, ein Verfahren wurde eingestellt. Der vierte Angeklagte kam mit einer Verwarnung samt Geldstrafe auf Bewährung davon

von BERT SCHULZ

Glimpflich endete gestern ein Prozess für vier Kriegsgegner, die sich an der Besetzung der Landesgeschäftsstelle der Grünen in Kreuzberg im April 1999 beteiligt hatten. Sie wurden beschuldigt, sich bei der Räumung den Vollzugsbeamten widersetzt zu haben. Maren C. und Rüdiger G. sprach das Amtsgericht Tiergarten frei. Das Verfahren gegen Walter-Michael H. wurde eingestellt. Matthias A. wurde verwarnt. Seine Geldstrafe in Höhe von 200 Mark wurde zur Bewährung ausgesetzt.

Die Angeklagten, ihre Anwälte und die rund 20 Unterstützer im Zuschauerraum forderten im Gericht eine politische Auseinandersetzung. Zu Beginn der Verhandlung verlas Walter-Michael H. im Namen aller Angeklagten eine 45-minütige Erklärung, in der er die Angriffe der Nato gegen Exjugoslawien als völkerrechtswidrig anprangerte. Um gegen den „Angriffskrieg“ zu protestieren und eine „kritische Auseinandersetzung“ zu ermöglichen, hätten die insgesamt 50 Besetzer ein „Gegeninformationsbüro“ in der Geschäftsstelle eingerichtet.

Gericht und Staatsanwaltschaft ließen solche Beweggründe nicht gelten. Die Erklärung der Angeklagten sei zwar „nachvollziehbar“, keineswegs aber eine Rechtfertigung für die Tat, meinte die Staatsanwältin. Der Richter betonte, dass ein Strafgericht nicht dafür da sei, sich politisieren zu lassen. Mehrere Zuschauer wies er wegen Protestrufen aus dem Saal.

Bereits nach der Vernehmung des ersten von sechs Polizisten deutete sich ein rasches Ende des Prozesses an. Nur bei Matthias A. sahen der Richter und die Staatsanwältin den Tatbestand des Widerstands als erwiesen an.

Kosten wird den 27-Jährigen das Verfahren nach Angaben seines Verteidigers knapp 1.000 Mark. Dass die Kreuzberger Grünen ihr damaliges Versprechen wahr machen und einen Teil davon übernehmen, wollte Vorstandsmitglied Kurt-Dietmar Lingemann nicht ausschließen. Die grünen Mitglieder hätten „vor kurzem“ darüber diskutiert, aber noch keinen Beschluss gefasst. Lingemann befürchtet jedoch, dass die Begeisterung „nicht sehr groß sein wird“, da bei der Besetzung Stimmung gegen die Grünen gemacht worden sei. Die Bezirksgruppe hatte sich mit den Besetzern solidarisiert.