no pharao (1) von BJÖRN BLASCHKE
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Kürzlich folgte ich dem Ruf des ägyptischen Fremdenverkehrsamtes, das von hiesigen Litfaßsäulen herab „Erleben Sie das siebte Millennium“ sirent hatte, und reiste in das Land der Pharaonen und Pharaösen. Ich kamelte von Kairo direktemang an die Mittelmeerküste nach Alexandria, „zu bewundern dort die Reste einer mehr als 2.000-jährigen Geschichte inmitten eines herrlich-bunten Marktfleckens“ – oder wie auch immer sonst mein Reiseführer flötete . . .

Der ältere Teil dieser Geschichte, nämlich der bis etwa August 2000, war relativ schnell abbestaunt: die Ruinen aus den Zeiten der Ptolemäer ebenso wie die prächtigen Villen, die Anfang des 20. Jahrhunderts errichtet worden waren, und selbst das krude 50er-Jahre-Politikmischmasch überstanden, das Gamal Abdel Nasser aus Nationalismus und Sozialismus zurechtmanschte. Es gibt in Alexandria bewundernswerte Bausubstanz, doch eben fast nur noch Bausubstanz, die so vor sich hin bröckelt, bröselt und bröckschelt, bis – dem Denkmalschutzgebot des neuen Bürgermeisters zum Trotze – die Abrissbirne bimmelt.

Die neue Bibliothek von Alexandria? Die, die deutschen Medien dieser Tage immer wieder als „achtes Weltwunder“ beleuchtturmen? – Das Haus wird erst Ende des Jahres eröffnet, weshalb – von der marineblauen Swimmingpool-Fassade einmal abgesehen – noch nicht allzu viel zu bewundern ist.

Und weil es ist, wie es ist, beschloss ich schon nach zwei Tagen, mein Heil am und im Mittelmeer zu suchen. Ich beschloss es aber auch nur. Denn in Alexandria selbst gibt es zwar eine Küstenpromenade, aber in dem Wasser treibt so viel Schmodder, dass man plötzlich vielerlei besser versteht: zum Beispiel, warum Kleopatra auch lieber in Eselsmilch gebadet hat. Oder dass das schöne deutsche Substantiv „Siff“ aus dem Arabischen stammt, wird es doch abgeleitet von „sift“ – „dreckig“.

Oder warum sich die Alexandriner wünschen, ihre Stadtväter ließen anstelle einer Bibliothek tatsächlich ein Hallenbad errichten. Von den fünf Millionen Einwohnern beherrschen nämlich ungleich mehr die Kunst des Schwimmens als die des Lesens. Und für den Tourismus wäre eine Badeanstalt ohnehin attraktiver. Eine Bücherei vermag vielleicht ein paar Bildungsdengel aus Deutschland zu locken; eine Schwimmanstalt dagegen pfeift die Massentouristen heran – zumal eine, deren Becken täglich mit frischer Eselsmilch gefüllt wird.

Ein solcher Eselsmilchedelbassin wäre nicht nur für Alexandria eine Bereicherung, sondern für die gesamte ägyptische Mittelmeerregion, da es für Touristen zwischen Suezkanal und Libyen praktisch überhaupt keine Möglichkeit gibt, planschen zu gehen. Die Ägypter haben nämlich tatsächlich wirklich alle Zugänge zum Mittelmeer verbaut. Dass das am Pyramiden-Gen liegt, wie ich am Ende doch noch zu einem Bad im Mittelmeer kam und danach eine Portion Eselsmilchfrischkäse aß, den die ägyptische Schwimmnationalmannschaft jeden Tag erkrault – das erzähl ich Ihnen demnächst.