Garzweiler II vor dem Aus?

Neuer Braunkohletagebau in Nordrhein-Westfalen wird laut Zeitungsbericht zu teuer. RWE und Staatskanzlei dementieren. Andere sehen nur langsames Annähern an Realität

KÖLN taz ■ Der Inhalt des Artikel war brisant, die Dementis fielen entsprechend scharf aus: Das umstrittene Braunkohleabbau-Projekt Garzweiler II stünde „vor dem Aus“, berichtete gestern die Berliner Zeitung unter Berufung auf „Führungskreise“ der RWE. Nach Ansicht des Konzerns hätten sich die energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen so dramatisch verändert, dass die Erschließung der Lagerstätte frühestens in einigen Jahrzehnten Sinn mache – wenn überhaupt.

Eine Darstellung, die RWE umgehend zurückwies. Der Artikel sei „ein Beitrag zur Füllung des Sommerlochs“, verlautbarte der Konzern. Keinesfalls wolle man Garzweiler II aufgeben, sondern „auch künftig auf den heimischen Energieträger Braunkohle“ setzen. Dessen Wettbewerbsfähigkeit sei durch ein Kostensenkungsprogramm langfristig gesichert, so Rheinbraun-Sprecher Wolfgang Rönnebeck.

„Die Berliner Zeitung wird sich sicherlich nicht alles aus den Fingern gesogen haben“, heißt es indes aus Kreisen der Düsseldorfer Staatskanzlei. „Ich könnte mir vorstellen, dass es im RWE-Vorstand unterschiedliche Linien gibt.“ Amtschef Wolfgang Clement hingegen bezeichnet die Meldungen über das Aus von Garzweiler II als „reinen Unsinn“. Der Ministerpräsident will unverdrossen an Garzweiler II festhalten. Schließlich habe „RWE eine Vereinbarung mit uns“, so Clement. Der Sozialdemokrat bezieht sich hierbei auf das Mitte der 90er-Jahre zwischen Landesregierung und RWE geschlossene Kraftwerkserneuerungsprogramm im Braunkohlebereich.

RWE merke, dass „Garzweiler II sich nicht rechnet, so wie alle Fachleute es seit langem sagen“, kommentierte die grüne Landesumweltministerin Bärbel Höhn den Bericht. RWE dürfe sich kein Hintertürchen offen halten, sondern müsse den Bürgern vor Ort klipp und klar sagen, dass der Braunkohleabbau nicht verwirklicht werde – „auch nicht in ein paar Jahrzehnten“. Schließlich würden die Menschen in den betroffenen Gemeinden noch immer umgesiedelt. Elf Ortschaften und 7.600 Personen sollen den riesigen Schaufelbaggern in den nächsten dreißig Jahren weichen. Auf einer Fläche von 48 Quadratkilometern sollen insgesamt 1,3 Milliarden Tonnen der besonders klimaschädlichen Braunkohle gefördert werden. Wenn Garzweiler II denn kommt.

MARCUS MEIER