Auf Du und Du mit der Zukunft
: Lebensplanung Eisberg

■ Schüler der Pestalozzischule wählten, was mittwochnachmittags interessiert

Rauchen. Vertrauen. Sex. Und Handys. All das Antworten auf die Frage: „Was tut mir gut?“ Zusammengestellt an einem gigantischen Glücksrad des Gesundheitstreffs-West, aufgestellt in der Pestalozzischule, gestern gedreht und bekichert von vielen SchülerInnen. Was ihnen gut tut, das herauszufinden in Gesprächen und Aktionen, ist eines von 29 Angeboten für SchülerInnen der zehnten Klassen im Rahmen des Schulprojekts „Lebensplanung“. Gestern präsentierten sich die VeranstalterInnen.

„Lebensplanung“ – das klingt groß, dauert in diesem Rahmen ein Jahr, soll den Jugendlichen ein bisschen Orientierung, Sicherheit, Fachwissen oder einfach nur Spaß bringen und vollzieht sich in Form von je dreimonatigen Seminaren, die jeweils mittwochs nachmittags stattfinden.

Die Anbieter reichen von der Brauerei Beck & Co oder den Stahlwerken, von ProFamilia oder dem Stadtteilbeirat West, von Schattenriss oder Ohlenhof-Farm bis zur Lebensberatung der evangelischen Kirche oder der Schuldnerberatung. Ein paar wenige der vielen Themen: Das Verhalten der Kartoffel im Kochtopf, der Unterschied zwischen Arbeiten und Schule, Fragen wie „Wann ist der Mann ein Mann?“ oder die begehrten Computerkurse.

Null Bock – keine Spur. „Einblicke in die verschiedenen Bereiche“ erwarten beispielsweise Remo, 16, und Dominique, 17. „Ich denk' mal, dass wir uns wiedersehen“, sagt Dominique zu Sven Janzen von der Uni, der im blauen Judoanzug für sein Projekt Reklame macht. Schwäche auch als Stärke verstehen zu können, erklärt Sven Janzen, sei ein Ziel dieser Veranstaltung.

Es gibt gemischte Veranstaltungen, reine Mädchenprojekte und es gibt ein paar reine Jungsprojekte, die sich auf verschiedenen Wegen – sei es über Kampfsport, sei es über Gespräche – alle dem selben Thema widmen: Erwartungen an Jungs und Männer und was dahinter steckt. „Wir wollen auch darüber sprechen, wie man Freundschaften oder Beziehungen aufrecht erhält. Das lernt man in der Schule ja nicht unbedingt“, erklärt Rainer Hartmann von der Lebensberatung der evangelischen Kirche einen Aspekt seines Projekts „Männerwege“ gegenüber drei Halbwüchsigen. Die nicken höflich, einer murmelt „jaja“ und schlendert weiter. „Es geht“ und „weiß nicht“, sagen Michael, 14, und Waldemar, 16, befragt nach ihrem Interesse. Allein Deniz, 15, der anfangs weggegangen war, erklärt es für „ganz in Ordnung, dass man so Fragen auch mal stellt“. Er will vielleicht mitmachen bei den „Männerwegen“.

Die Sache mit der Lebensplanung heißt im Untertitel „Eisbergmodell“. Denn nur zu einem kleinen Teil – dem Teil, den ein Eisberg aus dem Wasser ragt – solle es um praktische Fähigkeiten wie Computern, Patchwork, Kochen oder Löten gehen, erklärt Lehrerin Renate Drögemüller. Viel wichtiger seien soziale Fähigkeiten wie Teamgeist, Kooperationsbereitschaft, Selbstvertrauen – die weiteren sieben Achtel unter Wasser, deren Nutzen die SchülerInnen nicht unmittelbar, aber später vielleicht umso wirkungsvoller erfahren.

Fünf zehnte Klassen – zwei von der Haupt-, zwei von der Realschule, eine vom Gymnasium – sind beteiligt, bilden für die einzelnen Veranstaltungen ganz heterogene Gruppen. Am Schluss bekommen sie einen Nachweis von den Anbietern, nicht von den Lehrern – Beurteilungen sind möglich.

Gestartet ist das Eisbergmodell schon vor fünf Jahren. Damals waren insgesamt neun Veranstaltungen im Angebot, heute sind es 29. Damals beteiltigten sich 47 SchülerInnen, heute sind es 126. sgi