Bahn-Chef auf der Mercedes-Durchreise

■ Mit Freundlichkeiten gegenüber Bahn-Chef Hartmut Mehdorn will das Land Bremen ein Stück vom Bahn-Investitionskuchen für Zugstrecken abbekommen

Ein „gutes Gespräch“ habe er mit den Bremer Senatoren geführt, sagt Bahnchef Hartmut Mehdorn der nach einer Viertelstunde Wartezeit gespannten Journalistenschar. Ansonsten spricht er bei seinem Antrittsbesuch gern über Investitionen - vor allem bei der Anbindung der Häfen: „Wir müssen bei der Fracht flexibler werden“, gelobt Mehdorn Besserung - falls die Bundesregierung zustimmt.

Die will jährlich zwei Milliarden Mark in das Streckennetz der Bahn investierem. Damit von diesem Kuchen ein Stück in Bremen bleibt, übt man sich in Freundlichkeit gegenüber dem Gast aus Frankfurt. Dem Bahnchef werden keine Forderungen präsentiert, sondern ein Wunschzettel: Eine „Prioritätenliste“ soll verdeutlichen, welche Schienenprojekte Bremen gern realisiert wüsste.

Erst mal gilt es allerdings, eine Kröte zu schlucken: Mehdorn lässt keinen Zweifel daran, dass schon im nächsten Jahr keine Interregio-Züge mehr nach Bremerhaven, Wilhelmshaven, Emden oder Norddeich fahren werden. Endstation ist dann in Bremen oder Oldenburg. Die Verbindungen ins Ruhrgebiet sollen dagegen komplett erhalten bleiben - ohne Fahrgäste zu verlieren, sagt Mehdorn. „Im Gegenteil“, sekundiert Bürgermeister Henning Scherf (SPD), „die Bahn will das Fahrgastaufkommen sogar auf drei Milliarden steigern!“

Ob die Einsparungen über zweihundert Arbeitsplätze in der Bremer Region kosten werden? „Inves-titionen“, kommt Mehdorn wieder auf sein Lieblingsthema zu sprechen, „rechnen sich ja nur, wenn auch rationalisiert wird.“ Nach einer Viertelstunde muss der Bahnchef dringend los - mit dem Auto. Dazu hat ihm die Polizei geraten, seit ihm erboste Kunden nach dem Leben trachten. Die Deutschen, redet er sich in Rage, seien „mit einer Tendenz zur Meckerei aufgestellt“. Dabei sei die Bahn das „pünktlichste Verkehrsunternehmen in Deutschland“ und müsse auch in Europa den Vergleich nicht scheuen. „94 Prozent der Reisenden erreichen ihre Anschlusszüge“, schließt Mehdorn seine Eigenwerbung. Das sei doch wichtiger, als immer auf die Minute pünktlich zu kommen. „Niemand ist so wichtig, dass er nicht mal zehn Minuten zu spät kommen kann.“ Manche schon: Der Bundeskanzler, mit dem er einen Bahnhof eröffnen will, wartet nicht. Mehdorn rauscht von dannen und lässt Fragen offen.

Scherf antwortet in seinem Sinne: „Spektakulär interessiert“ sei die Bahn am geplanten Tiefwasserhafen - eventuell sogar als Mitbetreiber. Und auch bei Regionalbahnen wolle die große Bahn mit im Boot sein: Mit Haustarifen und Leichtbau-Gleisen könnten die günstiger fahren. Den Ausfall von Interregios nach Bremerhaven will Scherf durch Regionalexpress-Züge kompensieren, am liebsten den Takt noch verbessern. Für jeden Zug im Regionalverkehr muss Bremen aber ein „Bestellungsentgelt“ zahlen. Und der Bund will die Zuschüsse kürzen. „Für Verhandlungen darüber sind wir seit dem 14. Juli gut aufgestellt“ - mit dem Verweis auf Bremens Geburtshilfe bei der Steuerreform macht sich der Bürgermeister Mut. Jan Kahlcke