DIE KATHOLISCHE KIRCHE WIRD IHRER VERANTWORTUNG NICHT GERECHT
: Mitschuld wird verharmlost

Mit zehn Millionen Mark beteiligt sich die katholische Kirche nun an der Entschädigung der NS-Zwangsarbeiter. Bisher hatte sie stets wiederholt : „Schuld muss zurechenbar sein.“ Will heißen: Wir wissen nichts über Zwangsarbeit in kirchlichen Unternehmen. Also sind wir nicht mitschuldig. Doch offenbar war der öffentliche Druck zu groß. Außerdem stellten Historiker fest: Die katholische Kirche hat „flächendeckend“ NS-Arbeitssklaven eingesetzt – wenn auch wenige im Vergleich zu den „Großarbeitgebern“ der NS-Rüstungsindustrie. Auch wurden sie wohl besser behandelt.

Doch daraus leitet der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Karl Lehmann, Eigentümliches ab: „Ausbeutung“ sei bei den kirchlichen Fremdarbeitern „nicht belegt“. Sie fielen daher „nicht unter die Definition der Stiftung Erinnerung, Verantwortung, Zukunft“. Ergo: Man sei gezwungen, bei der Entschädigung eigene Wege zu gehen. Nun wird die Caritas die Hälfte des Geldes an Überlebende verteilen; die andere Hälfte kommt der „kirchlichen Versöhnungsarbeit“ zugute.

Dieser katholische Sonderweg spricht nicht für ein gereiftes Geschichts- und Verantwortungsbewusstsein. Denn auf die politische Verstrickung muss eine politische Antwort gegeben werden. Die katholische Kirche hat sich nicht nur Arbeitssklaven gehalten: Sie hat auch das unmenschliche Hitler-Regime religiös-ideologisch untermauert. Sie machte den Krieg zur „Schule Gottes“. Dieser Mitverantwortung hätte sich die Bischofskonferenz stellen müssen – indem sie sich dem demokratisch beschlossenen und gesetzlich untermauerten Entschädigungsprozess anschließt.

Wer zudem die Hälfte des Geldes in kirchliche Versöhnungsarbeit investiert, verfährt nach dem Motto: Katholische Gutmenschen tun was für arme Würstchen. Es besteht kein Zusammenhang zwischen Schuld und Versöhnung, zwischen Vergangenheit und Verantwortung in der Gegenwart. Und wer die andere Hälfte des Geldes über kirchliche Kanäle verteilt, entzieht sie der Kontrolle der Öffentlichkeit. BRITTA BAAS

Redakteurin bei Publik-Forum, Zeitung kritischer Christen