Geld und Kredite werden teurer

Die Zinserhöhung der Europäischen Zentralbank ist umstritten: Die einen sehen Inflationsgefahr, glauben an eine Hilfe für den schwachen Euro und erwarten weitere Zinsschritte. Die anderen halten eine Inflation von 2,4 Prozent nicht für bedenklich

BERLIN/FRANKFURT taz/rtr ■ Der Rat der Europäischen Zentralbank hat gestern die Zinsen um ein viertel Prozent heraufgesetzt: Der wichtigste Leitzins stieg von 4,25 auf 4,5 Prozent. Der Zins für „Übernachtkredite“, die die EZB bei Bedarf sehr kurzfristig an die Geschäftsbanken gewährt, erhöhte sich von 5,25 auf 5,5 Prozent. Der niedrigste Satz, den umgekehrt die Geschäftsbanken von der EZB für „Übernachteinlagen“ erhalten, liegt nun bei 3,5 Prozent.

Zur Begründung sagte EZB-Chef Wim Duisenberg, es sei „unbedingt erforderlich, den mittelfristigen Aufwärtsdruck auf die Preise zu begrenzen“. Kurzfristig, das räumten die Währungshüter ein, sei die Situation jedoch durch hohe Ölpreise und den Euro-Wechselkurs verursacht und könnten durch die Zinserhöhung nicht behoben werden.

Tatsächlich lag die Inflationsrate im Juli im Euro-Durchschnitt bei 2,4 Prozent und damit über der Obergrenze von 2 Prozent, die im Maastrichter Vertrag als „Stabilitätskriterium“ festgehalten ist. Volkswirte, die der Geldwertstabilität weniger Bedeutung zumessen als die Zentralbänker, meinen jedoch, bei 2,4 Prozent könne man noch nicht von Inflation sprechen.

Bei vielen Händlern und Analysten stieß die Entscheidung der EZB gestern allerdings auf Lob: „Die EZB hatte die Märkte lange darauf vorbereitet und stand entsprechend unter Handlungsdruck“, sagte Klaus Schrüfer von der BfG Bank in Frankfurt. Nach Meinung von Ulrich Kater von der Dekabank stößt die EZB damit in das „geldpolitisch neutrale Feld vor“ – also in einen Bereich, wo die Geldpolitik die Konjunktur weder ankurbelt, was bei niedrigen Zinsen der Fall ist, noch abwürgt, was bei hohen Zinsen passieren kann. Weil die Wirtschaft auf hohem Niveau wachse, werde ein weiterer Zinsschritt im November nötig sein, so der Volkswirt gestern. KAT

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